Leseprobe: Naraita. Märchen für Erwachsene: Botschaftsevakuierung
- Petra Schrader
- 29. März 2023
- 11 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Juli 2023

Abeia hatte sich in den Fluß begeben. Dachte nicht mehr nach. Wo sie war. Ob es richtig war. Wer sie sah. Was alle dachten. Es geschah einfach: Sie war immer verbunden. Sie fühlte sich sicher. Rao hatte sie an die Hand genommen. War mit ihr etwas zurückgetreten. Aber sie wurde nicht herausgeführt. Sie war noch niemals zuvor in der Zentrale der Keayake gewesen. Hatte gar keine richtige Zeit, alles anzusehen. Spürte den Fluß. Spürte die Energien. Sah die großen Monitore. Diesmal war es viel genauer zu sehen. Satellitenbilder. Nahaufnahmen. Straßen, karge, helle Landschaft, enge Häuser, kaum Bäume. Fassaden von Botschaften. Markierungen. Sie wußte nicht einmal, um welches Land es sich handelte. Sie hatte keine Nachrichten geschaut: Hier war, was geschah. Sie sah die vollen Straßen. Soldaten. Menschen liefen in die Botschaften. Hubschrauber landeten. Die Botschaften wurden notevakuiert. Abeia sah verschiedene Hubschrauber: Auch andere Länder evakuierten ihr Personal. Abeia sah auf den großen Hubschrauber, der über der hellen, weitäufigen Botschaft hinunterging. Auf dem Innenof drängten sich Menschen. Kinder. Sie sah den Hubschrauber und wußte, wer darin war. Sie kannte die Botschaft nicht. Aber sie sah den wunderbaren, weich geformten Sandstein. Die Männer vor den Monitoren gaben ruhige Kommandos. Funkfrequenzen. Der nächste Hubschrauber landete. Abeia atmete aus, als sie die weinenden Kinder sah. Sie hielt Raos Hand fester. Dieser nickte. „Das machen die schon.“ „Das.. ist der Hubschrauber mit Aryan oder.“ „Ja.“ „Ist Ande auch dabei?“ „Ja.“ Abeia sah auf Dak Noja. Er stand tief ruhig und gab Kommandos. Inetai Noja stand an einem weiteren Monitor. Abeia war ganz nah bei Rao. Sie spürte körperlich, wie der Energiefluß sich aufbäumte. Nach außen ging. Eine unglaubliche Kraft bekam. Überall war Mea. Abeia sagte leise: „Werden... die Botschaften angegriffen?“ „Es gab einen Putsch, ja. Die Soldaten und Milizen haben sich verbündet. Im Moment sieht es so aus, dass sie die wenigen noch besetzten Botschaften stürmen möchten. Sie haben die Flughäfen geschlossen und verbieten Evakuierungsflüge.“ „Sie.. wollen diese Menschen.. nicht ausreisen lassen.“ „Sie wollen sie als Geiseln nehmen.“ „Oh Gott im Himmel.“ Sie sah auf die Hubschrauber. „Aber es sind jetzt... viele Hubschrauber da.“ „Das sind Transport-Riati. Keine Hubschrauber.“ „Sie konnten dennoch landen?“ Rao sagte ruhig: „Das muss jetzt zügig laufen.“ „Ihr landet ohne... Erlaubnis.“ „Oh ja.“ „Was ist, wenn.. sie die Hubschrauber dann beschießen. Die.. Schiffe.“ „Die haben Schirme. Die bekommst du mit einer bodengebundenen Waffe nicht durch. Und eine Raumflotte hat das Land nicht. Es sind trotzdem zwei Sicherungsschiffe der yuka in der Nähe. Im freien Raum, die sind auch nicht sichtbar. Aber man wird sie nicht brauchen. Wenn die Riati abgehoben hat, ist es gut. Die Kraft muss jetzt am Boden gegeben werden.“ Abeia atmete wieder aus. Sah die vollen Straßen. „Wie furchtbar.“ „Es ist eine sehr schnelle Zuspitzung gewesen. Der Putsch war nicht absehbar, er war keine Entwicklung und er war auch kein Plan. Das haben ein, zwei Personen gemacht. So etwas gibt’s. Allerdings gab es schon sehr lange diplomatische Spannungen und eine schlechte Sicherheitslage. Die meisten Botschaften sind schon geschlossen, und die, die noch da sind, haben reduziertes Personal.“ Abeia atmete aus. Sah, dass Menschen durch das Tor der Botschaft strömten. „Da... ist noch das Tor offen.“ Rao nickte. „Da kommen noch Leute, die in der Stadt wohnen. Botschaftsangestellte. Die sind informiert worden und zum Teil auch geholt.“ Auf einem der Monitore sah Abeia Kiyohara. Er machte ruhige Handbewegungen. Teilte die Leute in Gruppen ein. Die Menschen auf dem Hof bekamen eine Struktur. Wurden geordnet. Abeia sah auf die Bilder. Noch niemals hatte sie so intensiv das gesehen, was sie bislang nur innerlich gespürt hatte: Das Aufeinandertreffen von beiden Energien. Das Einfießen von Ordnung, von Ruhe und von Schönheit in einen Ort voller Angst und Durcheinander. Abeia hörte Aryans Stimme. Sie sah ihn nicht auf den Monitoren, aber er gab zutiefst ruhige Kommandos. Viele und schnelle. Seine Stimme war unglaublich wohltuend. Haltend. Souverän. Dak machte schnelle Schaltungen. Inetai schaute jetzt nur. Sah auf die Daten und tat nichts. Die erste Riati war gefüllt und hob ab. Einer der mittleren Monitore war rot unterlegt und geteilt. Er hatte eine andere Farbe. Abeia sah auf die Zeichen. „Was... bedeutet das da.“ Rao erklärte ihr: „Das ist der deira-Monitor. Das ist eine gemeinsame Linie von Ekya, Keayake, Ide und yuka.“ „Ach so, die sind... dann nicht in einem gemeinsamen Raum?“ „Doch.“ Abeia hielt inne. „Ach so?“ „Ja, die Linie wird vom deira-Raum der Weißetage geführt. Das ist hier schräg gegenüber, aber die Türen sind zu, es geht über die digitalen Kanäle und die Transponder.“ Abeia fühlte sich intensiv gebunden. Behütet: Sie durfte alles fragen. Rao gab ihr Raum. War nah bei ihr. Kümmerte sich nur um sie. „Ach so aber ich dachte, weil Inetai ja hier steht.“ „Genau, Inetai ist Atea der Todai, den Beginn hat er geleitet, aber jetzt übernimmt die deira. Und Inetai ist aber weiter dabei, er schaut auf alles. Auch auf die Todai natürlich. Auch auf dich.“ Abeia schluckte. Der Fluß. „Wer... wer ist da drin in der deira?“ „Der Sheya, der Doya, Himei für die Keayake, Tjeyendo Adjadan für die yuka, der Leitende Deno der Ide und die entsprechenden Assistenten.“ Tiefe Wärme. Abeia verstand, dass dies etwas Wunderschönes war. Tief Kraftvolles. Dass diese Ränge alle zusammenstanden. So eng miteinander in die Linie gingen. Sie spürte körperlich, wieviel Sicherheit dies herstellte. Was für ein Bollwerk es ergab - für die Menschen, die sie dort sah. Das zweite Schiff hob ab. Abeia sah still auf die Monitore. Hörte die Kommandos. Sie hörte nicht die Befehle der deira, die über die Transponder kam - sie hörte nur die Stimmen der Keayake. Zutiefst spürte sie, dass sie am richtigen Ort war. Dass dies ihr Platz war. Ihr Platz war nicht überall. Sie konnte sehen, was sie sah. Weil es mitten in der Zentrale war: Zutiefst umgeben von Aryans Energie. Abeia hatte nicht das Gefühl, dass er fort war. Er war im Gegenteil zutiefst präsent. Abeia spürte auch die Energie von Himei Noja. Beide bildeten den Fluß. Einer hält. Einer tanzt. Sie taten es immer zu zweit. Abeia hörte den Energien zu. Den Schwingungen. Den Frequenzen. Ohne zu verstehen, verstand sie es auf eine tiefere Art doch. Die Musik schien es zu erzählen. Abeia atmete aus. „Sie... kommen oder.“ Rao stand sehr ruhig. Abeia sah nicht, dass Inetai sie angesehen hatte. Sie stand mit dem Blick unverwandt auf den Monitor. Sie war hier richtig. Aber sie spürte die Zuspitzung. Rao nickte. „Es sind noch zwei Wagen der Keayake in der Zufahrt, und die haben schon Milizen um sich“ Abeia hielt seine Hand fester. Sie konnte nichts tun. Rao ging mit ihr ein kleines Stück zurück. Abeia spürte, wie die Energie leicht schwächer wurde. Ganz leicht. Denn es war noch lauter geworden. Gefahr. Jetzt war Himei Nojas Stimme zu hören. Ruhig und zutiefst beruhigend. Er stoppte etwas. Er stoppte, was eigentlich hätte geschehen müssen. Die Bilder wechselten schnell. Und dann sah Abeia etwas unglaublich Berührendes. Etwas Berührendes mitten in der tiefen Gefahr: Aryan zog seine Waffe. Er stand zutiefst ruhig. Geerdet. Abeia verstand sofort: Ein Trupp von Milizkämpfern war vor dem Botschaftstor erscheinen. Wollte hineindrängen. Das Tor war noch offen: Die Botschaftswagen fuhren herein. Abeia sah nicht viel. Es war zu schnell. Aryan schien nur eine weiche, ruhige Handbewegung zu machen .Wie wenn man sich kurz umdreht. Dann sah Abeia, dass die Angreifer am Boden lagen. Es kamen immer mehr. Und brachen alle zusammen. Abeia sah nicht genau, wieviele es waren. Vierzig? Sechzig? Ein Milizmob. Schlecht gekleidete, wie verwahrloste Männer mit wilden Haaren. Wie in einem schlechten Film. Alle lagen am Boden. Niemand kam durch das Tor. Abeia stockte der Atem. „Was... ist da.“ Rao sagte sehr ruhig: „Das Tor geht gleich zu. Es ging noch nicht, sonst wären die Waren nicht reingekommen.“ „Warum liegen die alle. Er kann.. nicht so viele Leute legen. Das war ja.. nur drei Sekunden.“ „Sie tanzen zusammen. Sie wissen genau, wer wen legt. Sie müssen sich nicht mal sehen dafür.“ „Ande.“ „Ande steht vor dem Tor. Aryan bleibt innen. So haben sie ein gemeinsames Schußfeld, das sie füllen. Die Leute haben nicht gehorcht. Es ist in solchen Situationen häufig. Die Sicherheitslage war angespannt, die Botschaften hatte die Anweisung, dass die Leute dort schlafen. Die Frauen und Kinder mussten schon ausreisen. Aber es sind dann halt doch immer welche, die das nicht machen. Und die weiter rausgehen. Und die sogar, wenn der Alarmcode kommt auch nicht schnell genug zurückkommen. Da sind sogar noch zwei Kinder. Sowas ist einfach nur.. und da sind die Mütter. Ja. Und jetzt sind die damittendrin. Sowas ist immer zum Haare Raufen.“ „Wem... haben sie nicht gehorcht?“ „Naja erstmal ihren Dienstleitern. Die geben ja die Anweisungen weiter, die sie von ihren Führungsstellen bekommen. Also von der Ekya und vom Protokoll, also der Hausdienst zum Beispiel. Das war bis zum Putsch eine eta-Sicherheitslage. Das ist ein bißchen so wie wenn die Strände gesperrt sind, aber die Leute sehen halt ein ruhiges Wasser. Das ist fast das Gefährlichste immer. Die meisten beugen sich den Anweisungen, aber es gibt immer wieder welche, die ausbrechen. Die die Anweisungen nicht so ernst nehmen. Häufig sind es auch Motivlagen. Wenn da noch Kinder sind wie man hier sieht, dann nehme ich an, dass die Mutter mit dem Kind nicht ohne Vater ausreisen wollte. Oder dass sie doch in die Stadt zurückwollten weil da ist ja noch die Nachbarin, von der man sich verabschieden muss. Solche Situationen sind das, und die können zu sowas hier führen. Aryan nimmt die jetzt nah zu sich, aber solche Bilder will man halt nicht sehen. Letztlich gefährdet es alle, wie beim Badeverbotsbruch auch.“ „Das heißt, sie werden... dafür bestraft?“ „Sie werden ein Verfahren bekommen, ja. Aber das ist jetzt nicht das Thema. Wenn jemand sich in den Wellen befindet, dann hole ich den da raus und beruhige ihn, und hinterher schaut man auf die Sache und dann lernt derjenige. Das hier hätten die gut mit ihrem Leben bezahlen können. Ist halt wie im Wasser auch. Aber jetzt haben sie Aryan auf dem Hof und gut. Der bringt die schon zurück.“ Abeias Hals war trocken. Vor Entsetzen. Vor Berührung. Vor Liebe. Vor Liebe zu diesem wunderbaren Mann. Sie dachte nicht darüber nach, warum sie diese Bilder aushielt. Warum sie so mitgehen konnte. Sie fühlte sich zutiefst sicher. Geborgen. Sie verstand nicht, dass sie tief in Inetais Raum stand. Dass er genau auf sie schaute. Dass er zwischen den Monitor und ihr stand: Zwischen dem Geschehen und dem Ort, an dem sein jüngerer Sohn sie gebracht hatte. Sie konnte frei schauen. Schauen auf den Mann, den sie so sehr liebte. Der jetzt wieder ruhige Kommandos gab: Als sei nichts geschehen. Dann wurde das Tor geschlossen. Abeia atmete erleichtert aus. Man sah, wie aus dem Boden weitere Steelen ausfuhren. Stahlmauern. Gepanzerte Platten. Die Botschaft wurde hochgesichert. Im Hof liefen die Menschen durcheinander. Schreie. Aryans Blick fuhr ruhig und konzentriert durch die Laufenden: Er suchte Verletzte. Tatsächlich knickte eine der Frauen ein. An ihrem Bein war Blut. Abeia wollte fast ansetzen. Sie sah, dass am Monitor sofort eine Markierung auf die Frau gesetzt wurde. Dann war jemand bei ihr. Jemand mit einer Keayake-Monitur. Er zog die Frau aus der Gruppe. Behandelte sie. Aryan stand weiter, wo er stand. Gab Kommandos. Wieder ordnete sich der Hof. Jetzt stand Ande genau bei Aryan. Bei seinem Anblick wurde Abeia wieder warm. Die Monitore zeigten Durchsuchungs-Scans: Alle Menschen im Hof wurden identifiziert. Die dritte Riati war voll und hob ab. Außen an der Mauer erklangen Schüsse. Die Botschaft war jetzt umstellt. Abeia schloß kurz die Augen. Dann sah sie wieder auf Aryan. Ande hatte jetzt ein Kind auf dem Arm. Es weinte. Von den beiden Männer ging eine unglaubliche Ruhe aus. Die Schüsse waren ein schrecklicher Ton. Aber Aryans Stimme war jetzt durchgehend zu hören. Er schien nicht nur den Keayake Befehle zu geben, sondern auch den Leuten im Hof. Er war mitten unter ihnen. Beruhigte sie. Abeia fühlte, dass es für sie schwerer wurde zu schauen. Inetai machte eine kurze Handbewegung, die Abeia nicht sah. Dann nahm Rao sie sanft. „So das ist jetzt lauter, aber es ist stabil. Die letzten beiden Riatis gehen jetzt gleich hoch. In drei Minuten ist die Botschaft leer. Die Milizen draußen arbeiten sich jetzt an den Mauern ab, aber die kommen nicht herein in dieser Zeit. Und die Schiffe sind schußsicher. Komm.“ Er brachte sie aus dem Raum. Abeia atmete schwer aus.
Der Raum war wunderbar still. Abeia sah auf den ruhigen Park. Vogelgezwitscher. Sie hatte etwas Tee bekommen. Lehnte sich an Rao. Dieser wirkte tief ruhig und sehr zärtlich. Strich ihr über die Haare. Sagte nichts. Abeia genoß das wunderbare Licht der Tischkerzenlampe. Dann kam Inetai Noja herein. Setzte sich neben sie. Abeia sah, dass er sein Handy vor sie stellte. Man sah das Bild des Monitors. Der Ton war abgestellt. Der Botschaftshof war leer. Alle Riatis auf dem Dach waren verschwunden. Abeia sah auf das tröstliche Bild. Lächelte warm. Wieder keine Worte. Sie spürte, dass Inetai sie die ganze Zeit hielt. Dieser strich ihr sanft über die Haare. „Er kommt jetzt zurück, er ist gleich da.“ „Er ist nicht verletzt, oder.“ „Aber nein.“ Abeia nickte dankbar. „Er hat.. sie alle da rausgeholt.“ „Ja.“ „Was für ein wunderbarer Mann.“ „Ja.“ „Er hat.. so schnell geschossen. Es war ja gar nicht zu sehen.“ „Sie haben beide aje geschossen. Synchron.“ „Sie sind so.. wunderbar.“ Abeia fand einfach keine anderen Worte. „Sie sind so wunderbar.“ Sie spürte, dass sie diesmal alle Noja meinte. Alle, die sie gesehen hatte. Alle, die zusammengewirkt hatten. Die ihr halfen, ihre Kaft zu schenken: Die sie leiteten, wann sie schaute. Und die sie leiteten, wann sie ging. Zum ersten Mal verstand Abeia, dass sie auch dann der Fluß war, wenn sie ging. Sie ging: Und Aryan kam. Der Höhepunkt. Es war immer dieselbe Gestalt. Sie hatte die Augen geschlossen. Sie war am Boden ihrer Kraft. Und Aryan war gekommen.
Wunderbare Stille. Frieden. Die Sonne war fast untergegangen. Abeia lag in den weichen Kissen. Spürte Aryans Ruhe. Diese wunderbare Nähe. Er saß am Bett wie immer, wenn er auf diese Weise mit ihr sprach. Strich ihr über den Kopf. Abeia nickte. „Und jetzt... geht es ihnen gut oder.“ Aryan strich ganz sanft über ihre Stirn. Dann sagte er: „Ja, es geht ihnen gut. Sie sind jetzt hier und in Sicherheit. Dennoch haben sie schwere Erlebnisse hinter sich. Ich verstehe, dass du mitfühlen möchtest. Aber ich möchte, dass du mit dem Blick bei mir bleibst. Mach dir keine Sorgen. Ich kümmere mich um diese Menschen. Du bringst mich zu ihnen. Indem du mir gehorchst. Das ist nicht immer einfach. Ich lege dir Regeln auf, die nicht einfach sind. Ich weise dich ins Innere. Ich führe deinen Blick zu mir und von diesen Menschen weg. Und auch von ihrer Not. Ich bin bei ihnen. Ich weiß, was ich da tue. Du wendest dich ab. Ich wende mich zu. Das hast du heute gesehen, und wir wollten auch, dass du es siehst. Du hast das sehr gut gemacht, und Himei und Inetai haben sehr genau auf dich achtgegeben.“ „Ja. Ja... dann am Ende wollte ich doch.. ich wollte doch irgendwie was machen innerlich glaube ich, und dann wurde es mir zuviel, aber dann war ich schon draußen, und Inetai war auch da und dann kam auch Himei.“ Aryan nickte. Ande saß auf der anderen Seite des Bettes. Abeia fühlte sich zutiefst geborgen. Sie hatte einen leichten Tränenschleier über den Augen. „Es hilft mir so, wenn er kommt.“ „Ja. Du bleibst bei ihm. Du bleibst bei uns.“ „Es waren ja alle da.“ „Ja. Wir wissen, dass das schwer ist. Uns machen zu lassen. Natürlich möchtest du helfen. Und wenn es auch innerlich ist. Innerlich hast du sehr viel Kraft. Du möchtest dann bei diesen Menschen sein und mit ihnen verbunden. Aber das darfst du nicht. Ich verbiete es dir.“ Der Raum lag still. Abeia lag still. Ließ die Worte in sich dringen. Gehorsam. Nicht alle Menschen dort waren gehorsam gewesen. Und sie hatten sich in Gefahr gebracht. Aryan saß sehr ruhig. „Du bleibst bei mir. Ich mache den Rest. Du möchtest helfen. Das kannst du auch. Du folgst mir in die Regel, in die ich dich weise. Glaub mir, das ist viel. Diese Regel ist nicht einfach. Aber sie schützt dich und sie schützt diese Menschen. Du hast gesehen, dass ich ihnen helfen kann. Ich kann das. Du kannst das nicht. Das ist etwas, was du sehr, sehr tief verstehen musst. Dein Nervensystem ist dafür gemacht, mich aufzunehmen. Nicht dafür, Gewalt oder Not entgegenzutreten. Sondern für absolut das Gegenteil. Das, was du gesehen hast war ganz neu für dich. Für mich war es nicht neu. Ich mache das jeden Tag. Warst du zufrieden damit.“ Abeia starrte ihn an. „Es.. war... wunderbar.“ Schwere. Leichtigkeit. Ernst. Humor. Immer wieder Wellen. Immer wieder diese wunderbare Balance. Aryan sah Ande an. „Sie ist zufrieden.“ Ande meinte: „Mehr kann man nicht verlangen.“ „Frauen können da kritisch sein.“ „Das sage ich dir.“ Die Männer grinsten. Abeia war gleichzeitig nach Lachen und Weinen zumute. Sie sah zu Ande und nahm seine Hand. Tiefe Wärme. Sie sagte: „Du hast.. auf ihn aufgepaßt.“ Ande lächelte wieder. „Wo der immer rumläuft. Besonders in seiner Freizeit.“ Die Männer grinsten. Abeia hatte Tränen in den Augen. „Danke, dass du ihn geschützt hast. Danke, dass ihr... nicht verletzt seid.“ „Nein.“ Ande strich ihr ebenfalls über den Kopf. „Das sind wir nicht.“ „Ihr.. habt soviel Kraft.“ „Heute ist unser Tag.“ Ande lächelte zu Aryan. „Nur Komplimente.“ „Haben wir auch mal verdient.“ Wieder Grinsen. Die beiden hielten Abeia in sanfter Leichtigkeit. Lösten die letzten Spannungen aus ihr: Mit sanfter Wärme. Weichheit.
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