Geschichten aus dem Dunkel der Welt: ein Bonbon
- Petra Schrader
- 6. Jan. 2023
- 3 Min. Lesezeit

elegante
Stoffe
Duft nach
Zitronenholz
teure Vorhänge
Geld allein macht nicht glücklich sondern kann
ein Panzer sein
ein Tor zur Hölle
manche Frau weiß was ihr blüht
und tut es doch
kann ein Engel sie
dahin begleiten
dafür ist er da
ihr Name ist
Liese.
Es ist nicht ihr erstes Mal
man hatte sie gewarnt und sie hat auch
Telefonnummern
es gibt etwas besseres Geld
irgendwann hofft sie hat sie genug gespart
aber der Vermieter weiß das auch
die Männer wissen nicht, wo sie wohnt
die Hälfte des Trinkgeldes braucht sie für Make Up
und in Monaten, in denen es schlecht läuft
kommt sie mit dem Bus und tut nur so als hätte sie ein Taxi bestellt
was bedeutet das was du in der Stadt tust fragt die Mutter manchmal am Telefon
ich studiere
dann weint Liese kurz
in der Tasche ist ein Bonbon
eine Waffe hat sie nicht
eines Tages trifft sie eine andere Frau
sie hat nicht soviel Glück
in teuren Hotels wird sie nicht gebucht sondern
in nicht so schönen Räumen
sie sieht auf die Dinge, die Liese in ihre Tasche tut
vorher
immer ein Bonbon dabei
es ist blau
einmal hatte sie
fast ihre Schlüssel vergessen
das Bonbon nicht
Liese sagt: nimm ein Bonbon mit
die Frau fragt:
warum das
Liese sagt: den Tipp habe ich von Gott
Die Frau fragt: bitte was
Liese steckt sich die Haare hoch.
Wir sprechen manchmal.
Er macht kleine Schritte mit ihr. Und er hat gute Tipps.
die Frau fragt nochmal:
Gott hat dir also ein Bonbon gegeben.
man könnte es so sagen
wieso
er ist eigentlich ein Kriminalbeamter
Stille.
die Frau ist verwirrt.
Liese sieht auf das Bonbon. Es ist nur ein Schritt. Erlöst ist sie noch nicht von
einem Weg an dem sie
eigentlich verzweifelt
die Frau sieht auf das Bonbon
dann wird die Stimme leise
was .. hat er dir gesagt. Der... Kriminalbeamte.
Das andere Wort fällt ihr schwer
Liese nimmt das Bonbon in die Hand. Fast warm. Wie ein Lichtstrahl, ein ganz zarter. In einem zarten Herzen.
Dann sagt sie: er hat mir gesagt dass es manchmal...
Räume gibt, die man nicht kennt. In Hotels. Und wenn ich merke dass ich hinaus will dann
kann es sein du verstehst
die Frau nickt. Vor allem Kokain.
Liese sagt: Er meint wenn ich die roten Streifen sehe. Er nennt das den Sonnenaufgang. Es ist mein inneres Zeichen. Nur ein Bild, aber ich nenne es so. Wie wenn man nicht versteht wieviel Uhr es ist weißt du. Und dann sieht: Die Sonne geht gerade auf. Das nenne ich die roten Streifen. Weißt du wenn es vorher dunkel ist und dann kommt der Morgen.
was heißt das
wenn dein Herz sagt: weg hier.
die Frau nickt und nickt.
Liese umfaßt das Bonbon. Dann sagt sie: Ich soll dann das Bonbon auspacken und essen oder mir hinlegen. Dann nehme ich das Bonbonpapier und stehe auf.
warum
weil ich einen Papierkorb suche
die Frau versteht
ich soll dann schauen, wo die Tür ist. Falls ich es nicht genau gesehen habe. Man kann es, weil man aufstehen muss. Wenn es geht, läuft man etwas herum. Falls ein Papierkorb am Tisch steht dann
übersieht man ihn
wie das Wort vorher das sagte: tu es gar nicht
aber da ist Gott nicht böse sondern er
hat extra ein Bonbon hingelegt
die Frau nickt. Sie sucht ein 50-Cent-Stück und geht
auf dem Weg zur Arbeit
an der Tankstelle vorbei
haben Sie auch ein einzelnes Bonbon oder wenige
dann habe ich auch eines für morgen
(Schokolade geht auch) -
sie ist noch jung mit Gott
ihr Engel steht weinend neben ihr
und wartet bis sie das Bonbon kauft
eines isst sie sofort weil sie ein bißchen Hunger hat
das ist übrigens auch gut
denn dann kann
Gott berühren
manchmal macht er es heimlich und sagt
flüsternd ganz leise
fürchte dich nicht
ich sehe dass du so schön bist
zeige mir deine Not und
ich schenke dir
jeden Tag eine neue Idee, wie du einen Ausweg findest und die erste ist
der Mann der dich hierhin führt
ist nicht mein Freund.
Er sagt er will dich beschützen
aber das
ist meine Aufgabe.
Sie beginnt manchmal
mit einem blauen Bonbon.

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