Cornelia
- Petra Schrader
- 4. Jan. 2023
- 2 Min. Lesezeit

ein Zopf
aus blonden Haaren
sorgfältig geknotet
ein leichtes Halstuch ein weicher Schal
den sie gerne trägt
aber nicht zum Dienst
nennen wir sie
Cornelia.
das hölzerne Bord
der Polizeistelle
vorne im Empfang
das braune Holz
des Bürotisches
der Versicherung
der Empfang vor dem Wartebereich
der Notaufnahme
der kleine Raum
in der Taxizentrale
in dem die Dispatcherin entscheidet,
wer das letzte Taxi bekommt in einer Nacht in der es so stark schneit
dass die Busse nicht mehr fahren
alles Cornelia
die Lehrerin, die
das kleine Mädchen ansieht und nichts mehr machen kann
die blauen Flecken sind vom Spielplatz
mehr kann man nicht machen
sagen die Vorschriften
haben wir heute Nacht noch ein Bett frei fragt die Nachtschwester
nein sagen die Vorschriften
können wir diesen Menschen aufnehmen, auch wenn es keine Suchtstation ist, draußen ist es kalt
nein sagen die Vorschriften
können wir diese Familie noch boarden, obwohl es schon eine Minute zu spät ist. Es ist ihr erster Urlaub nach fünf Jahren ohne Geld für Urlaub. Jetzt haben sie lange gespart und mehr haben sie nicht
nein sagen die Vorschriften
kann ich diesem Patienten zwanzig Minuten mehr Zeit geben, damit er versteht,
was ich ihm Schweres sage
nein sagen die Vorschriften
kann ich diesen Auszubildenden
ablehnen obwohl wir keinen anderen haben
weil ich weiß, dass ich ihn dadurch in die Hölle sende eines Weges, auf den er nicht gehört und alle gefährdet
nein sagen die Vorschriften
Cornelia sitzt
den Pullover festgezurrt
in der Uniform
es ist Winter
Cornelia ist überall
am Ende
ist sie
in einer Welt, in der sie nur eines hat
figa
bedeutet
die Hand auf den Tisch zu legen
und zu sagen
lieber Gott wenn es dich gibt
oder wie immer du heißt
ich muss etwas finden, was ich nicht bin
tu etwas
ich kann nicht mehr.
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