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Buch-Leseprobe Teil 15: Reiseführer Naraita - moderne Märchen für Erwachsene

  • Autorenbild: Petra Schrader
    Petra Schrader
  • 8. Feb. 2023
  • 50 Min. Lesezeit




Jinai lächelte. Andrea saß aufrechter. „Fachliteratur.“ Jinai sah auf den Einband, der neben dem Buch lag: „Merian Individualreisen - Reiseführer Naraita“. Er setzte sich neben Andrea an den Pool und nahm ebenfalls ein Buch. Andrea setzte noch mal an, aber sie sagte nichts. Spürte, dass sie nicht darüber diskutieren wollte, wie sinnvoll es war, einen Reiseführer aus Deutschland zu lesen. Dass sie Jinai nicht erklären wollte, wie wichtig es für sie war, an die Zeit anzuknüpfen, in der sie Bücher wie diese verschlungen hatte. Sich an das Gefühl zu erinnern. Die Leichtigkeit. Und die unbändige Vorfreude. Aber Jinai reagierte nicht, wie Andrea befürchtet hatte: Er sagte nichts. Andrea begann, den Bucheinband zu lesen: „Naraita - Das Land der Wasser. Eine Reise nach Naraita ist die Erfüllung eines Traums. Jeder, der etwas von Träumen versteht, ist nach Naraita unterwegs. Wie jeder Weg ist auch dieser nicht ohne Hürden. Einen Aufenthalt in Naraita muß man gut vorbereiten, zeitlich, kulturell, organisatorisch, auch finanziell. Dieser Führer möchte Ihnen nicht nur die Erfahrungen und Tipps langjähriger Reiseautoren und Kenner von Naraita nahebringen, sondern Sie auch an die innere Haltung heranzuführen, in der man sich diesem wunderbaren Land und seinen wunderbaren Menschen nähern muß, um eines Tages vielleicht wirklich sagen zu können: Ich habe Naraita erlebt.




Kapitel 1: Näherung und Grundlagen


Ein paar Tips vorab


Tipp 1: Meiden Sie Reiseveranstalter


Touristen werden in Naraita nicht ernst genommen. Wenn Sie Naraita kennenlernen wollen, müssen Sie sich als geiya nähern: Als Besucher. Eine solche Näherung erfolgt in einer bestimmten Haltung. Die Naraita, mit denen Sie Kontakt haben, ob Hotelportiers, Kellner, Verkäufer, Museumsführer, Taxifahrer, alle werden sehr schnell bemerken, ob Sie Tourist sind oder einer, der sich nähert. Der gekommen ist „afai dea afai anesa“: Um zu sehen und um zuzuhören. Die erste Grundregel für eine Näherung bedeutet: Eignen Sie sich Grundzüge des Amai an. Das ist nicht so schwer wie es klingt. Sie müssen sich in keinster Weise in dieser Sprache verständigen können. Jeder Naraita, dem Sie sich mit ein paar Brocken Amai nähern, wird sofort Sie in fließendem Englisch und nicht selten auch in Grundzügen Ihrer eigenen Sprache annehmen, denn auch Naraita reisen sehr viel, und sie empfinden es als selbstverständlich, ein Land, das sie bereisen, auch mit seiner Sprache kennenzulernen. Das Annehmen der gegenseitigen Sprache ist eine kulturelle Selbstverständlichkeit in Naraita. Eine zweite Grundregel, die Sie vom Touristen zum Besucher macht ist: Meiden Sie Reiseveranstalter. Sie brauchen niemanden aus Deutschland, der Ihre Reise plant. Überlegen Sie, wohin Sie möchten. Dann buchen Sie einen Flug und ein Hotel, möglicherweise nur für die erste Nacht, beides ist in Naraita nicht teurer, wenn Sie es individuell buchen. Und dann gehen Sie zu einem der vielzähligen jipai, Besucherpunkte, das sind sehr gut finanzierte und personell ausgestattete Touristeninformationszentren, die es in jeder größeren Stadt gibt. Dort werden Sie Dinge erleben, die Sie in keinem anderen Land erleben. Wenn Sie sich als geiya zeigen, als offener, neugieriger, aufmerksamer und wertschätzender Besucher, wird sich in diesen Zentren jemand mit Ihnen zusammensetzen, stundenlang, wenn es sein muß, wird Sie sehr genau beraten, wo Sie hinreisen können um das zu sehen, was Sie interessiert, wird Sie - oft genug in Ihrer Muttersprache - in das Land und die Kultur von Naraita einführen, wird Ihnen Materialien besorgen, wird die Qualität Ihres Hotels überprüfen, Ihnen möglicherweise ein anderes empfehlen – dieses können Sie über den Besucherpunkt kostenfrei umbuchen, auch wenn dies auf Ihrem Buchungsschein anders vermerkt ist -, wird Sie in die Sicherheitsbestimmungen in Naraita einführen, auch auf Gefahren hinweisen, mit deren Umgang man als Besucher keine Routine hat, wird Ihnen als Ansprechpartner bei Schwierigkeiten zu Verfügung stehen. Dieser Kontakt kann in einzelnen Fällen wertvoller sein als der Kontakt zu einem deutschen Konsulat zum Beispiel. Sie können diese Beratungen auch zeitlich ausdehnen, können die Angestellten bei Interesse nach kulturellen, historischen oder anderen touristischen Interessengebieten fragen, in den meisten Fällen werden Sie ausgewiesene Fachleute antreffen oder an sie verwiesen werden. Viele Besucher fühlen sich nach stundenlangen und hervorragenden Beratungen bemüßigt, ein hohes Trinkgeld zu geben. Dies wäre eine schwere Beleidigung. Naraita stellt diese Betreuungen zur Verfügung, weil Sie sich als Besucher nähern. Dies kann im Deutschen am besten mit Gastgeber übersetzt werden, obwohl dies im Amai noch etwas ganz Anderes ist. Es wird von Ihnen erwartet, dass Sie die Qualität dieses Empfangs würdigen und wertschätzen – ein Trinkgeld würde ihn in die Niederungen eines bezahlten Dienstes herabsetzen. Ein Besucher zu sein umfaßt noch andere Dinge. Es wird von Ihnen erwartet, dass Sie sich auch als „Gast“ verhalten. Trinken Sie keinen Alkohol, konsumieren Sie keine Drogen. Halten Sie sich an die Gesetze und Bestimmungen, die in Naraita gelten. Dies ist übrigens nicht schwierig. Die Gesetzgebung in Naraita ist in unserem Augen die beste der Welt, es gibt keine überflüssige Bürokratie oder keinen Vorschriftenwahn – die Regeln, die gelten, sind im Sinne der Sicherheit, der Rücksichtsnahme und des gegenseitigen Respekts sehr bewährt und weitverbreitet akzeptiert.


Tipp 2: Planen Sie genug finanzielle Mittel ein


Naraita besitzt vor dem Hintergrund des politisch gewollten Außenhandelsdefizits die weltweit stärkste Währung, dabei ein hohes mittleres Einkommen und einer nur geringe Arbeitslosigkeit. Auch in Naraita kann man mit Kenntnissen und Tipps Geld sparen, und wir geben in dieser Auflage auf vielfachen Wunsch genau diesem Thema viel Raum. Dennoch sollte das Sparen von Geld nicht das Hauptziel einer Reise nach Naraita sein. Reisen Sie nicht einmal im Jahr nach Naraita, um dann in einem Touristenbunker auf eine Wand zu gucken, sondern sparen Sie fünf Jahre, um dann auf Ihrer Reise Naraita auch zu erleben: Reisend, sehend, genießend. Naraita besitzt die besten Hotels, die besten Restaurants, die besten Museen, die atemberaubendsten Exkursionen, auch hier gibt es unterschiedliche Verhältnisse von Preis und Leistung, aber insgesamt wird man an Naraita vorbeireisen, wenn man immer nur die billigsten Preise sucht. Als grober Anhaltspunkt kann gelten, für eine Woche Unterkunft, Verpflegung und Programm ohne Wassersport in ländlichen Gebieten etwa 600 Euro einzuplanen, für eine Woche in einer größeren Stadt 1500 Euro und in Aiza ab 3000 Euro. Ein Programm mit Wassersport wird ungefähr noch mal dasselbe kosten. Schüler, Studenten und Auszubildende werden in Naraita besonders gefördert, und zwar auch unter den Touristen. Wie Sie als Student oder Auszubildender mit geringem Einkommen gut reisen können, behandeln wir in einem eigenen Kapitel (siehe: Förderungen / Efie-Hotels).


Tipp 3: Kontakt zu erleben heißt auch, Begrenzungen zu erfahren.


Sehr viele „Touristen“ reisen nach Naraita mit der Erwartung, die Todai zu sehen. Aus Sicht der Autoren ist erstaunlich, wie wenig in den Medien und in anderen Reiseinformationen und Reiseführern klar kommuniziert wird: Dies ist einfach unter keinen Umständen möglich. Nach einer Führung durch die Todai zu fragen oder nach der Buslinie, die dort hält, ist ein sicherer Weg, sich die tiefe wenn auch unbemerkbare Verachtung Ihres einheimischen Gegenübers einzuhandeln und Ihren Status als „Besucher“ unwiderbringlich zu verlieren. Die Edoa im allgemeinen und das Gebiet der Todai im speziellen ist kein touristischer Attraktionspunkt. Der Anblick der Front der Todai – und übrigens nur dieser - ist präsent in den Medien. Seine Größe und architektonische Einzigartigkeit macht ihn zum Ziel der Faszination nicht nur der eigenen Bevölkerung. In Naraita wird die Todai nicht nur als politisches, sondern als spirituelles Zentrum des Landes verstanden. Tatsächlich gibt es sogar Führungen in einem Unterteil der Todai – für Naraita, die gut ausgewählt werden. Diese Führungen sind nicht Teil einer touristischen Reise, sondern Teile von beruflichen und spirituellen Fortbildungswegen für Menschen, die nicht direkt, aber mittelbar für die Todai arbeiten und so ihre Verbindung vertiefen. Die einzigen Nicht-Naraita, die in die Todai kommen, sind die diplomatischen, politischen und wirtschaftlichen Verhandlungspartner der Hochabteilungen, zumeist Staatsführer sowie persönliche Gäste der Herrscherfamilie von Naraita. Die Edoa ist sicherlich ein weltweit einzigartiger Ort – architektonisch, historisch, politisch. Daher ist er touristisch auch am faszinierendsten. Und tatsächlich ist es in Naraita möglich, ein Tagesvisum für die Edoa zu bekommen. Dieses ist aber im Kern nicht für Touristen gedacht, sondern für diejenigen, die auf der Edoa ein Anliegen haben, eine Aufgabe erfüllen oder ein Besucher mit einer konkreten Einladung sind. Die Edoa, der wohl berühmteste Stadtteil von Aiza, ist das adlige Zentrum von Naraita. Mit 120 km2 ist sie etwa doppelt so groß wie Manhattan, allerdings mit der Einwohnerzahl nicht zu vergleichen – und auch Touristen wird man dort nicht finden. Die Edoa ist an den nord-östlichen Rand der Stadt eingebettete Insel. Der einzige landseitige Zugang ist eine Brücke, die in Aiza die Große Brücke genannt wird. Es handelt sich um den bestbewachtesten Kontrollpunkt des Landes. Auf der Edoa finden sich nicht nur das Gelände der Todai, sondern auch die Residenzen der adligen Familien, die meisten zentralen Verwaltungs- und Regierungebäude sowie die Wohngebiete der Angestelllten und Bediensteten der Todai, der Residenzen und der Verwaltungssitze. Tatsächlich teilen die adligen Familien diese wunderschöne und exklusiv bewachte und gesicherte Insel mit den Menschen, die ihnen direkt dienen: Im Norden der Insel gibt es drei Wohnbezirke, in denen die Bediensteten mit ihren Familien wohnen und eigene kleine, wunderschöne Innenstädte zur Versorgung haben. Auch die sehr exklusiven Strände, eine kostenlose Infrastruktur, kleine, familiäre Schulen, eine Hochschule und eine hervorragende medizinische Versorgung gehören zu den Annehmlichkeiten eines bürgerlichen Wohnsitzes auf der Edoa. In Kauf nehmen muss man aber ein sehr hohes Sicherheitsniveau, was natürlich auch große Vorteile hat, denn die Kriminalitätsrate ist sehr niedrig, in manchen, dem Hochsicherheitsgelände naheliegende Straßenzügen praktisch nicht existent. Dafür gibt es eine sehr starke Videoüberwachung, und auch private Besucher der Familien müssen ein Edoavisum besorgen und sich entsprechend kontrollieren und durchsuchen lassen. Im Süden liegen die großen Residenzen auf Hochsicherheitsgelände. Hier ist die Präsenz der Anai, die für die Edoa verantwortlich sind, sehr dicht. Im bürgerlich bewohnten Norden wohnt man etwas ruhiger, doch auch hier gibt es immer wieder Videoüberwachungspunkte und feste sowie mobile Kontrollen der Anai. Die Faiba, der zentrale Stadtkern der Edoa mit den großen Ministeriumsgebäuden, Parks, Restaurants und Geschäftezeilen wirkt wie eine ganz normale Stadt. Dennoch wird diese als Ziel eines Visumsantrags nicht ausreichen. Ein Aufenthaltsrecht auf der Edoa haben nur die adligen Ränge und die Bürger, die auf der Edoa arbeiten – auch, wenn sie nicht dort wohnen. Einzelfall-Genehmigungen werden ausgestellt für Gäste, Kunden oder anders akkreditierte Besucher. Das bedeutet: Wenn man als Tourist die Edoa sehen möchte, muss man einen guten Grund vorweisen. Dies ist nicht so einfach, denn es gibt weder Hotels noch öffentlich zugängliche Museen oder Konzerthäuser. Eine Möglichkeit besteht darin, eines der sehr hochwertigen Geschäfte oder Restaurants aufsuchen zu wollen. Dies ist durchaus üblich, da es Straßenzüge mit sehr exklusiven Geschäften gibt, die Kunden aus dem ganzen Land anziehen. Auch internationale Kunden sind oft gesehen. In diesem Fall aber müssen Sie vorab mit diesem Geschäft Kontakt aufnehmen und dort glaubhaft machen, dass Sie wirklich das Geschäft besuchen wollen. Das Tagesvisum wird dann durch eine Akkredetierung des Geschäfts oder des Restaurants ermöglicht. Die Sicherheitsprüfung geschieht davon unabhängig; die Anai kann Ihnen jederzeit ohne Angaben von Gründen den Zugang verwehren oder Sie der Insel verweisen. Dasselbe gilt natürlich auch, wenn Sie ein Gast eines Bewohners der Edoa sind und dieser Sie akkreditiert, doch das wird bei Touristen eher selten der Fall sein. Austauschstudenten, Auslandspraktikanten, Gastprofessoren oder Vortragsrednern innerhalb der Hochschul- und Regierungsgebäuden wird ein Visum auch genehmigt werden; doch auch dieses ist man als Tourist im Normalfall nicht. Politischer Gast der adligen Familien noch viel weniger. Es gibt aber auch noch den anderen Weg: Den Weg, jemandem glaubhaft zu machen, dass man etwas von der Edoa sehen möchte und warum. Dass man ein Stück lernen möchte. Sehen. Hören. Das Herz geöffnet hat. Dafür gibt es kein Patentrezept. Aber wir haben auch schon erlebt, dass ein solches Visum auch einfach vergeben wird: An einen Besucher. Nur eines wird nicht möglich sein: In Sichtnähe der Residenzen adliger Familien zu kommen. Und schon gar nicht in Sichtnähe der Todai. Sollten Sie es also wirklich auf die Edoa geschafft haben: Versuchen Sie auf keinen Fall, die Todai zu sehen. Touristen, die in Konflikt geraten mit den Sicherheitsbehörden, werden im schlimmsten Fall in ihr Land abgeschoben und erhalten kein erneutes Einreisevisum. Sollten Sie aber gegen ausdrückliche Verbote versuchen, in die Nähe sehr beliebter touristischer Interessenpunkte wie hier beschrieben zu gelangen, sie fotografieren oder auch innerhalb von Naraita durch Bestechung oder andere Handlungspläne versuchen, in illegale Nähe dieser Gelände zu kommen, können die Folgen davon völlig unabsehbar sein. Die Verhaftung einer als Touristen ausgewiesener Person, die durch die verbotene Näherung in einem Hochsicherheitsgelände in Verdacht steht, ein Attentäter, Terrorist oder ein Agent eines verfeindeten Geheimdienstes zu sein, trägt im Amai den Namen yiahe neta. In einer yiahe neta wird die Person vollständig isoliert, von seiner Reisegruppe, auch von seiner diplomatischen Vertretung, es können sehr lange Haftzeiten bevorstehen, Verhöre, ohne Kontakt nach außen, ohne die Möglichkeit einer juristischen Vertretung und ohne Transparenz. Auch die deutsche Botschaft in Aiza weiß nicht, was in yiahe-neta-Verhaftungen passiert und kann auf die Art, wie Sie dort behandelt werden, keinen Einfluß nehmen. Ein Kontakt mit Angehörigen oder Botschaftsvertretern würde nur in dem Maße zustandekommen, in dem die zuständigen Untersuchungsabteilungen dies erlauben. Dabei ist auch möglich, dass sie es gar nicht erlauben. Nach naraitischem Recht darf in einem yiahe-neta-Verfahren auch eine Todesstrafe vollstreckt werden, ohne dass dies nach außen bekannt oder der Familie mitgeteilt wird. Daher gibt es nur eine einzige Verhaltensregel: Befolgen Sie die Sicherheitsauflagen, die Ihnen bei der Erteilung eines Edoa-Visums (das tatsächlich einen absoluten Glücksfall und einen nicht zu wiederholenden Höhepunkt für einen Touristen darstellt) unmißverständlich klargemacht werden. Die Bereiche, die Sie nicht betreten und fotografieren dürfen, sind mehr als deutlich gekennzeichnet, Sie werden darauf sowohl bei der Erteilung des Visums hingewiesen, beim Betreten der Edoa und bei der Näherung der Sicherheitsanlagen und gesperrten Gebiete selbst. Niemand gerät daher in eine yiahe-neta-Verhaftung, weil er ein Schild übersehen hat. Die Edoa ist auch ohne eine direkte Näherung an die Todai ein unvergeßliches Erlebnis. Awia ana ete negarei: Deine Geschenke warten an deinem Weg. Nähern Sie sich diesem Erlebnis respektvoll und aufmerksam – und akzeptieren Sie die Begrenzungen, die eine Reise mit sich bringt.


Tipp 4: Gehen Sie schwimmen


Naraita ist trotz seiner überwältigend schönen Strand- und Wasserwelt in weiten Strecken nicht bekannt für internationalen Strandtourismus. Es gibt an den meisten Küsten keine ausgebaute Hotel-Infrastruktur, keine Pauschalurlauber, der Anteil ausländischer Touristen ist gering. Der Grund dafür ist bekannt: Es ist mühsam, aufwändig und schnell unangenehm, oft auch gefährlich, an den Stränden von Naraita zu schwimmen. Selbst geübte Wassersportler wie Surfer oder Taucher kommen schnell an ihre Grenzen. Für Familien mit kleinen Kindern scheint das Unterfangen völlig unmöglich. Vor diesem Hintergrund erscheint der Rat, in Naraita schwimmen zu gehen für einen Reiseführer ungewöhnlich. Tatsächlich kann man sagen: Wenn Sie einen ruhigen Badeurlaub möchten, suchen Sie ein anderes Land aus. Die Zielsetzung ist wichtig. Das Mittelmeer bietet Strände, an denen Sie Ihre größeren Kinder einfach ins Wasser lassen und dann einschlafen können. Und das kann guttun. Naraita bietet solche Strände nicht. Aber das bedeutet nicht, dass das Schwimmen dort nicht eines der wunderbarsten Erlebnisse werden kann, das Sie in einem Urlaub bekommen können. Wenn Sie das möchten, lassen Sie sich von den Naraita selbst an ihr Meer heranführen. Dazu brauchen Sie einen Kontakt. Und wir glauben, dass erst das ein Besuch in Naraita ausmacht.


Wie kann das beginnen. Vielleicht so: Suchen Sie sich keinen Strand aus, an dem Sie baden gehen. Ziehen Sie keine Reiseberichte im Internet heran und keinen Reiseführer, auch unseren nicht. Sondern suchen Sie einen Naraita, der Ihnen hilft. Das kann Ihr Hotelbesitzer sein, die Besucherzentren haben wir weiter oben schon vorgestellt. Sie können in einem Ferienhaus auch Ihren Nachbarn ansprechen. Viele Naraita sind sehr offen und außerordentlich gastfreundlich. Wenn Sie Offenheit und Interesse für das Schwimmen bekunden und aber in der klaren Haltung bleiben, dass Sie das Wasser nicht kennen und Hilfe brauchen, dann werden Sie diese Hilfe finden. Jeder Bürger von Naraita kennt das Wasser: Das bedeutet nicht, dass jeder dort schwimmt oder sich kompetent versteht, Sie dort einzuführen. Aber jeder wird jemanden kennen, der dies übernehmen wird.

Wie kann Ihnen eine solche Einführung helfen? Derjenige wird vielleicht beginnen, Ihnen grundsätzliche Regeln und Hilfen beim Umgang mit dem Wasser näherzubringen. Er wird Ihnen möglicherweise einen geeignete Ort in der Nähe nennen, der auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Denkbar wäre genauso, dass er Sie vor nicht geeigneten Orten oder Zeiten warnt. Und auf jeden Fall wird er Sie dazu anleiten, eine Badewache aufzusuchen.

Wenn Sie also so beraten einen Ort zum Schwimmen aufsuchen, sollte Ihr erster Gang daher zur dort eingesetzten Badewache führen. Lassen Sie sich nicht davon irritieren, dass die anderen am Strand Schwimmenden die Informationen der Badewache nicht einholen – wie gesagt, werden Sie dort fast nur auf Einheimische treffen. Scheuen Sie sich nicht. Der Autor unter uns, der seit zehn Jahren in Naraita lebt, dort verheiratet und seit einem Jahr in stolzem Besitz einer Einbürgerungsurkunde ist, eine Urkunde, die den Nachweis anspruchsvoller Sprach- und Fachkunden darstellt, geht mit seiner ganzen Familie auch heute noch, zwanzig Jahre nach seiner ersten Reise nach Aiza, bei jedem Betreten eines Strandes zur Badewache, stellt sich als Tesa vor und läßt sich kurz erklären, wie die aktuelle Wassersituation ist, worauf er sich einstellen muss, was zu empfehlen ist und wo genau die Grenzen liegen. Und genau das ist es, was wir Ihnen empfehlen möchten, wenn Sie in Naraita an den Strand gehen: Nehmen Sie Kontakt zur Badewache auf. Das hat sehr viele Vorteile. Zunächst stellen Sie damit sicher, dass es eine Badewache gibt, ohne die Sie niemals schwimmen dürfen und sollten, auch, wenn Sie ein sehr guter Schwimmer sind. Zweitens weiß die Badewache dann, dass Sie ein Tourist und nicht in Naraita aufgewachsen sind. Sie können dann seiner intensiven Aufmerksamkeit sicher sein. Wir haben mehr als einmal beobachtet, dass wenn in unserer Gruppe kleinere, offensichtlich ausländische Kinder dabei waren, sofort eine zweite Badewache dazukam. Und drittens können Sie von der Wache im voraus Hinweise erhalten, zu welchen Zeiten und an welchen Stellen das Baden für Ungeübte zu empfehlen ist bzw. man wird falls einige Kinder am Strand zusammenkommen für diese Badeareale mit Ketten abgrenzen und einsichern.

Es kann auch Tage geben, an denen auf einer langen Fläche alle Strände gesperrt werden. An Tagen, an denen Sie sich darauf fest gefreut hatten zu schwimmen und zu tauchen. Dann geht es nicht. Kontaktieren Sie bei Bedarf das Besucherzentrum, das Sie beraten hat, dort wird man Ihnen mit Informationen dazu weiterhelfen, wie lange die Sperrungen möglicherweise noch andauern, welche Alternativprogramme in Frage kommen oder in welche Landesteile Sie im Extremfall reisen müssen, um doch noch ins Wasser zu kommen, wenn es Ihnen so wichtig ist.


Tipp 5: Gehen Sie auf ein Boot der ANS


Bootstouren sind mit das Schönste, was man in Naraita tun kann. Und das Teuerste. Das ist etwas, was Touristen immer wieder verwirrt und auch aufbringt. Die Gewässer vor Naraita besitzen den unglaublichsten und intaktesten Fisch- und Pflanzenreichtum, den diese Welt kennt. Schon eine Fahrt zu einer der vielen sehr nahegelegenen Inseln ist praktisch eine Garantie, von einer Vielfalt von Delfinen, Schildkröten, Rochen und vielen endemischen Fischen wie dem Naraita-Seehund und dem Egoe-Flugfisch begleitet zu werden. Eine Segeltour durch eine der unglaublich klaren und riesigen Riffe gehört zu den intensivsten Erfahrungen, die der Autor je gemacht hat. Das aber ist tatsächlich nicht der Grund, weshalb eine Bootstour für vier Mann über drei Stunden umgerechnet 1200 Euro kostet. Eine Summe, die man wenn man für diese Erfahrung offen ist keinesfalls bereuen wird. Und eine Summe, die gerechtfertigt ist. Das Führen eines Hochseeschiffes in Gewässern um Naraita ist kein Beruf, sondern ein sehr schwierige und gefährliche Kunst, die in vielen Jahren erlernt werden muß und für die in Naraita strengste Prüfungen existieren. Hochseekapitäne gelten in Naraita als Meister ihrer Kunst. In der Regel weisen sie indianische Vorfahren auf. Denn die Gewässer vor Naraita sind nicht nur gefährlich, sondern auch völlig unberechenbar und sehr schwer einzuschätzen, zu befahren und bei Schwierigkeiten zu beherrschen. Diese Schwierigkeit steht in keinem Verhältnis zur Schwierigkeit, die sich beim Schwimmen ergibt. Nur etwa zwei Prozent aller Naraita besitzen einen Bootsführerschein. Dass trotzdem viele Boote zu sehen sind heißt nicht, dass jeder Naraita eines besitzt, sondern dass jeder in Naraita auf ein Boot möchte und dass diese Gewässer, wären sie nicht so gefährlich und der Zugang zu ihnen nicht so eingeschränkt, unfaßbar viel überfüllter wären. Eine Bootstour in Naraita gehört unserer Meinung nach zu den Höhepunkten aller Reiseerlebnisse, die man weltweit erfahren kann. Leider ist sie ein Privileg finanziell stärkerer Touristen, was auch für die Naraita selbst gilt. Außerdem ist sie definitiv nicht ohne Risiko. Deshalb unser Rat: Buchen Sie eine Bootstour bei der ANS. Die ANS ist eine nationale Gesellschaft für Bootstouren, die den Noja gehört. Die meisten Tourenstellen gibt es daher auf dem Gebiet der Noja, der Edera, sie hat aber Ableger in jeder größeren Stadt. Möglicherweise wird eine Anfahrt zu einer ANS-Anlegestelle aufwändiger, die Wartezeiten länger und eventuell auch noch etwas teurer, dafür aber ist sie erheblich sicherer. Das liegt nicht nur daran, dass die Noja in der ANS noch mal erheblich verschärfte Anforderungen an die angestellten Besatzungen stellen und die Boote sehr gut ausrüsten, sondern vor allem daran, dass die Noja traditionell die Familie sind, die die Iya führt. Die ANS ist deshalb eine sehr konservative Gesellschaft, die nur begrenzte Kanäle und genau vorgegebene Touren fährt, von diesen auch nicht abweicht, ganz egal, ob und wie lautstark die gut bezahlenden Kunden dies verlangen. Diese Touren werden nicht ausgesucht danach, wie interessant ein Gebiet ist oder auch wie leer, sondern alleine davon, wie nah Schiffe und Überwachungseinheiten der Iya stehen. Die ANS hält ihre Schiffe sozusagen in der Nähe der Iya, steht auch in dauerndem Kontakt mit ihnen, tut also auf dem Meer das, was wir Ihnen am Strand selbst empfehlen, hält den Kontakt zur zuständigen Wache. Auch der ANS kann es passieren, dass ein Schiff in Seenot gerät, allerdings ist in 300 Jahren noch kein Passagier der ANS verlorengegangen. Dies klingt für einen Reiseführer der Indivdualreise vielleicht etwas zu konservativ. Sicher gibt es Bereiche in den Gewässern von Naraita, die mit der ANS nicht zu erreichen sind und die vielleicht auch noch faszinierender sind als die ANS-Touren. Und in anderen Reiseführern wird zu Recht gesagt, dass eine Bootstour in Naraita überall gebucht werden kann, weil die Sicherheitsanforderungen sehr hoch sind und die landnahen Gewässer fast überall sehr gut von der Iya überwacht werden, die ihren Küstenraum etwa so sorgfältig überwacht wie Fluglosten einen Luftraum, und denen es keineswegs entgeht, wenn plötzlich ein Schiff fehlt. Das ist wahr. Aber unsere Erfahrung ist: Touristen können sich kaum vorstellen, wie ein friedlich glasklares Meer mit einem atemberaubenden Riff sich einer Zeitspanne, die nicht mehr ausreicht, ein Ufer zu erreichen, in eine dunkle, tosende Wellenwand verwandeln kann, in eine Vorhölle der Seenot, der bis zu zwölf Meter hohen Wellen, des schweren Gewitters und der lebensgefährlichen Fallwinde auf dann nicht einsehbaren Riff-Untiefen. Das Erlebnis einer solchen Seenot, auch wenn sie gutgeht, schon, weil die Iya im Normalfall blitzschnell vor Ort ist, ist etwas anders als eine Schwierigkeit mit einer Strandströmung, aus der man sofort geholt wird. Die Iya gibt Routen vor, die zumindest vor sehr schweren Wetterumschwüngen geschützt sind. Dabei handelt es sich um Empfehlungen. Es ist in Naraita unterschiedlich sexy, diesen Empfehlungen stoisch zu folgen. Manche dieser Routen sind verwirrend und sogar ärgerlich. Führen zurück, ziehen Kreise, führen von schönen Stellen zu schnell wieder weg oder zeigen keinen großen Durchmesser, so dass man sich wenn man Pech hat am Ende fragt: Wofür habe ich jetzt 1000 Euro ausgegeben, wenn ich nicht mal drei Meilen vom Ufer weggekommen bin. Nicht jeder Bootsveranstalter möchte das seinen Kunden zumuten. Und viele Kunden sind Naraita und wissen, worauf sie sich einlassen. Es gibt sogar zum Beispiel einen Bootsveranstalter, der nur Kunden annimmt, die ebenfalls Bootsführerscheine besitzen. Bei der Taif sind also Profis unter sich – und suchen Routen, in der sie auch bewußt Risiken in Kauf nehmen, weil sie sich zutrauen, schwere Wetter zu bewältigen. Diese Routen verlaufen dann nicht nur drei Meilen vom Ufer entfernt. Aber wir geben zwei Dinge zu bedenken: Drei Meilen vom Ufer entfernt können Sie ein Meer erleben, das Sie im Indischen Ozean nicht finden, wenn Sie 3000 Meilen fahren. Und: Die ANS ist dafür bekannt, Touristen nicht nur einer unglaublichen Schönheit zu nähern, sondern auch, sie dafür nicht dem Risiko auszusetzen, das eine Bootsfahrt sonst in Naraita durchweg bedeutet. Der Preis dafür kann eine auf Touristen etwas spießig wirkende Engstirnigkeit sein. In manchen Bootskreisen gilt die ANS als langweilig. Tatsächlich gibt es auch viele Naraita, die sehr hartgesotten sind und durchaus schon mehrere Seenotlagen hinter sich haben, dies akzeptieren wie ein Taucher, der eine Dekompressionskammer in der Nähe weiß. Sie planen einen Trip und melden ihn bei der Iya an, um sich dort registrieren und überwachen zu lassen. Viele Näherungen an intensive und einzigartige Landschaften sind mit Risiko behaftet. Wir sind der Meinung, dass das Verhältnis aus Gewinn und Risiko für einen deutschen Touristen bei der ANS unschlagbar gut ist. Und dass der Zugewinn an Entdeckung und Freude am Meer, den man durch eine weniger konservative Route bekommt, nur etwas für Kenner und Profis innerhalb von Naraita ist und nicht für den erstmalig eingereisten Touristen.


Reiseplanung


Visa


Für deutsche Staatsbürger ist die Beantragung eines Visums relativ einfach und auch kostenfrei – dennoch ist sie notwendig. Es werden keine Visa bei der Einreise ausgestellt. Sie müssen vorher persönlich oder online einen Antrag bei der Botschaft von Naraita stellen. Die Bearbeitungsfrist ist sehr kurz, oft wird das Visum noch am selben Tag ausgestellt. Aus Sicherheitsgründen sollten Sie aber spätestens drei Tage vor Abflug ein Visum bestellen. Bei der Einreise wird man ein aktuelles Foto von Ihnen machen und umfangreiche Daten von Ihnen speichern. Naraita verfolgt eine offen kommunizierte, aber entschiedene Sicherungspolitik seiner Grenzen. An der an vielen anderen Orten geführte Diskussion über Für und Wider wollen wir uns hier nicht beteiligen. Wer Bedenken bezüglich der Verarbeitung und Erhebung seiner Daten hat, sollte sich über Umfang und Nutzungsbedingungen dieser Daten vorher genau informieren, in dieser Hinsicht ist Naraita sehr transparent. Vernetzung oder Verkauf dieser Daten aus kommerziellen Gründen wie in vielen Ländern üblich ist in Naraita nicht denkbar. Bei Reisen nach Naraita und auch in Naraita muß man sich aber gewahr sein, dass Naraita im Gegensatz zu anderen Ländern nicht Teil eines militärischen Verteidigungsbündnisses ist. Wir haben als sehr verschiedene Autoren in sehr vielen Jahren Reiseerfahrung in Naraita niemals schlechte Erfahrung mit Sicherheitsbehörden gemacht. Allerdings sind diese Sicherheitsbehörden präsent und erlebbar, und zwar für Ausländer eher mehr als für Einheimische. Es gibt Kontrollen, nicht nur beim Einreisen: Die Sicherheitszonen der Edoa haben wir weiter oben schon beschrieben, aber auch in anderen Teilen des Landes, besonders in Aiza Stadt und anderen größen Städten muss man mit Videoüberwachung, im Einzelfall sogar mit Satellitenüberwachung rechnen. Auch nach der Einreise müssen Sie sich darauf einstellen, regelmäßig kontrolliert zu werden. Dies wird, so unsere Erfahrung, in absolut höflicher, angemessener und freundlicher Form erfolgen. Oftmals wird man bei diesen Kontakten nur Ihre Papiere kontrollieren und Sie dabei fragen, ob Sie Informationen brauchen, sich zurechtfinden oder eine Frage haben. Diese Formulierung ist ernst gemeint und kann von Ihnen jederzeit genutzt werden. Unsere Erfahrung ist: Ein Akai, der Sie fragt, ob Sie etwas brauchen oder eine Information benötigen wird sich dann auch dafür verantwortlich fühlen, Sie sehr gut zu beraten oder sogar ein Problem zu lösen, vor dem Sie stehen. Die Adresse des mit Abstand besten Tauchshops in Kaija zum Beispiel, eine Basis, die wir alle seit Jahren nutzen, hat unser Kollege von einem Akai in einer Personenkontrolle bekommen.


Anreise


Die Flugzeit von Frankfurt nach Aiza beträgt mit europäischen Fluglinien fünfzehn Stunden, Flugzeuge der drei größten Gesellschaften von Naraita, Aizaina, Naraita Airways und Dyae, brauchen mit AWS-Fünfstrahlflugzeugen, wie sie auf größeren Strecken eingesetzt werden, knapp die Hälfte, sind dafür aber – Sie erahnen es bereits – sehr viel teurer.


In Naraita ankommen


„Kein schöneres Land“ hat Theodor Fairy 1734 in seinen „Abhandlungen über die Großen Reisen“ geschrieben, „kein schöneres Land habe ich gesehen und kein größeres auf allen Kontinenten und vor allen Königen“. Wenn man zum ersten Mal in Naraita landet, dann glaubt man, sich zu irren. Einen besonderen Tag erwischt zu haben. Vielleicht die eigenen Hormone oder die Aufregung einer so großen Reise. Aber der Effekt wird bleiben, und er wird Menschen, die einmal dort waren, nicht mehr loslassen und immer wieder dorthinziehen: Die Intensität der Sinne. Intensives Sehen. Fühlen. Riechen. Schon am Taxistand des Flughafens riecht es nicht nach Flughafen, sondern es riecht nach Meer, nach Salz, nach Blüten und Sand. Nicht alle Menschen haben denselben Zugang zu ihren Sinnen. Aiza ist vor allem ein Wirtschaftzentrum, und immer wieder sieht man am Flughafen Flugzeugladungen von Business-Class-Reisenden, die hektisch, wichtig und multitaskend durch die wunderschönen gläsernen Kuppelhallen hetzen und nicht mal ihr Jackett abnehmen, weil sie gar nicht merken, dass es wärmer ist als in Atlanta oder in Paris. Aber auch die Mienen der Business-Süchtigen entspannen sich kurz und wirken für Sekunden gelöster, wenn sie die unbeschreiblich sanfte Luft, das weiche Licht und das Strahlen der Farben wahrnehmen, ohne es richtig zu bemerken und gar nicht wissen, was diese Wirkung auf sie hat, bevor sie sich in das wartende Taxi zwängen und den Taxifahrer aus Gewohnheit veranlassen, Fenster zu schließen und die Klimaanlage anzustellen. Machen Sie den Fehler nicht. Steigen Sie nicht sofort in ein Taxi. Hetzen Sie auch nach einem langen Flug nicht sofort weiter, sondern gehen Sie durch den Abflugterminal wieder in die Haupthalle, an der eine große Piazza mit Geschäften, Cafés, Brunnen und einem atemberaubendem Blick auf das Meer als wunderbarer erster Eindruck auf Sie wartet. Setzen Sie sich auf die Stufen oder in ein Café und kommen Sie an. Lassen Sie Ihrem Körper Zeit, das Licht wahrzunehmen, die wunderbare Luft, ein Klima aufzunehmen, das er bisher nicht kannte und genießen Sie einen ersten Eindruck auf das Meer. Sorgen Sie sich nicht wegen der Müdigkeit nach dem Flug. Die Sanftheit und Weichheit der Luft sind besser als jedes Hotelbett. Die Cafés am Flughafen bieten afieyas an, das sind Joghurtgetränke mit Auszügen der afie, das ist eine Frucht, die dem Granatapfel ähnelt und eine entsäuernde Wirkung hat, die den Körper beim Jetlag und nach langen Flügen wunderbar ausgleicht.


Iniya: Die Farbe Weiß


Ania iniya – die heilige Farbe ist ein Teil der Näherung, die oberflächlichem Tourismus schwer und immer schwerer zu vermitteln ist. Sie verstehen sie nicht. Weil sie immer häufiger nicht verstehen, wieviel und wie tief es in Naraita zu verstehen gilt. In vielen, besonders asiatischen Monarchien gibt es eine sehr tiefe und durch das Volk homogen ziehende Verehrung für das eigene Königshaus. Auch Touristen müssen dies beachten, da sie in manchen Ländern für die Lästerung eines Königs schwere Strafen erwarten. Naraita gesteht in dieser Hinsicht Touristen eine große Freiheit zu. Touristen, die ja in Naraita nicht als Verhandlungspartner und schon gar nicht als Gäste gelten, müssen gegenüber den adligen Familien nicht dieselbe Ernsthaftigkeit, protokollarische Bemühung und Ehrbezeugung nachweisen wie es für Einheimische selbstverständlich ist. Darüber hinaus ist die freie Äußerung der Meinung in Wort und Schrift in Naraita ein durch die Verfassung garantiertes Grundrecht. Seien Sie dennoch gewarnt, dass die Naraita quer durch alle Bevölkerungs- und Bildungschichten keinerlei Verständnis dafür haben werden, wenn Sie sich den adligen Familien ihres Landes gegenüber respektlos verhalten. Damit ist keineswegs gemeint, dass Sie das Konzept der Monarchie nicht hinterfragen können, dass Sie sich nicht an differenzierten politischen Diskussionen beteiligen, in ihnen auch nachdrücklich Position beziehen dürfen. Die politische Analyse hat eine lange Tradition in Naraita, und das Land nennt viele der hochrangigsten, fähigsten und kritischsten Journalisten und Schriftsteller sein eigen. Adlige und hochadlige Ränge stellen sich regelmäßig Interviews, Diskussionen und Diskursen, die Ausdruck der reichen und vielfältigen Meinungslandschaft von Naraita sind. All dies aber geschieht in tiefem Respekt. Und wenn Sie diesen Repekt ablegen, haben Sie vor den Menschen, denen Sie sich nähern wollen, mit denen Sie vielleicht Beziehungen beginnen, touristische, soziale oder wirtschaftliche, in tiefer Weise Ihr Gesicht verloren. Zu tief ist die Bedeutung iniya – die Liebe und Verehrung, die dieses Land seiner Herrscherfamilie gegenüber empfindet, einer Familie, die tatsächlich objektiv ihr Land seit der Staatsgründung überragend führt, es in mächtiger und kluger Weise geprägt und entwickelt hat, vielfältig auch bewahrt, gerettet, stabilisiert und nicht zuletzt in tiefen Wohlstand geführt. Eine für Touristen bedeutsame Art der Bezeugung von Respekt ist es, die ania iniya zu respektieren: Iniya – die Farbe Weiß - gilt in Naraita als königlich und heilig. Sie ist damit ein zentrales religiöses Symbol und wird verehrt. Das bedeutet: In Naraita ist es verboten, Gegenstände in eindeutig weißer Farbe abwertend zu behandeln oder auf die eigene Person zu beziehen. Das Weiß, das Sie in Naraita finden werden, zum Beispiel als Papier, an Wänden oder im Geschirr, ist bei genauem Hinsehen immer eine leichte Abweichung von Weiß, entweder ins Besche, ins Graue oder ins Silberne. Auch dann wird es vorsichtig verwandt und nicht demonstrativ und über große Flächen als Weiß genutzt. Für Touristen und andere Ausländer gilt nun nicht, dass sie nach Naraita keine Gegenstände in Weiß einführen dürfen. Es gibt Touristen, die vernichten ihre Zahnpasta und stellen damit wieder unter Beweis, dass sie nichts verstanden haben. Es geht nicht darum, dass die Farbe Weiß verboten ist. Im Gegenteil werden sie sie in jeder Wohnung in Naraita finden, auch im Straßenbild. Aber man wird in einer naraitischen Wohnung keine weiße Waschschüssel im Bad finden. Sondern die weiße Vase mit weißen Rosen wird in Zentrum des Wohnraums stehen und so zum Ankern, zum Ausrichten, zum Verehren einladen. Sie wird auch wenn man den Raum zum Essen umbaut weil Gäste kommen nicht in die Ecke gestellt werden. Als Nicht-Naraita sind sie nun keinewegs verpflichtet, diese Verehrung zu teilen. Was aber auf naraitischem Boden verboten ist, ist dies: Das Weiß zu nutzen, um die eigene Person in Szene zu setzen. Es offensichtlich in seiner Wirkung zu nutzen, die es nun mal für die Naraita hat. Bringen Sie keine weiße Kleidung nach Naraita. Auch keine Kleidung, die einzelne weiße Streifen besitzt. Dasselbe gilt für weiße Accessoires, zum Beispiel eine Handtasche, ein Portemonnaie, auch ein Handy. Bereiten Sie Ihr Gepäck entsprechen vor, indem Sie für das Handy vielleicht eine farbige Schutzhülle kaufen oder sich die Mühe machen, neue Turnschuhe zu erwerben, die keine weißen Streifen aufweisen. Zeigen Sie, dass Sie die politische und religiöse Anschauung Ihrer Gastgeber respektieren.


Dieselbe Haltung gilt auch für die Farbe Weiß, wenn sie in der Natur vorkommt: Auch Kinder, die spielend über eine Wiese laufen, laufen nicht über eine weiße Blume. Und wenn eine weiße Muschel gesammelt wurde, wird sie nicht achtlos hingeworfen. Hier geht es um ein Symbol. Und wenn Sie mit diesem Symbol nicht umgehen können, dann halten Sie sich davon fern. Das Weiß darf wahrgenommen werden, auch verarbeitet, gesammelt und nach Hause getragen: Es darf nur nicht der eigenen Person zugeordnet sein. Es darf nicht beansprucht werden. Sollten Sie mit Naraita noch nicht vertraut sein, kann es Ihnen sehr schnell passieren, dass Sie sich eben doch am Strand auf ein weißes Handtuch legen oder die Verkäuferin fragen, ob es das Cocktailkleid, in das Sie sich sofort verguckt haben, auch in weiß gibt. In diesem Fall wird man Sie sehr schnell als Touristen einordnen. Einheimische werden in den wenigsten Fällen Sie darauf direkt ansprechen, aber sie werden, wenn Sie weiße Kleidung tragen, beim Betreten von besseren Geschäften oder Restaurants höflich auf die „Ehrung des Weiß“ hingewiesen. In diesem Fall sollten Sie sich offen, nicht übertrieben, aber deutlich bedauernd zeigen und darauf hinweisen, dass Sie noch nicht lange in Naraita sind. Man wird dies sofort verstehen und Ihnen dann nicht weiter übelnehmen, wenn Sie klargemacht haben, dass Sie die Ehrung des Weiß respektieren. Gut geführte Häuser halten für Touristen Überziehkleidung in Form von Akashes, Geniea oder leichten Jacken bereit, mit denen das Weiß zu verdecken ist. Gleiches gilt für den Fall, dass Sie von einer offiziellen Seite angesprochen werden, bei einer Kontrolle oder von einer Patrouille der Akai. Auch hier wird man Verständnis für Gewohnheiten zeigen. Bitte bedenken Sie jedoch, dass ein Aufenthaltsvisum in Naraita eine Duldung darstellt und kein Anrecht ist. Die Ehrung der iniya ist in Naraita keine Sitte, sondern ein Gesetz. Die Sicherheitsbehörden haben jederzeit das Recht, das Visum sofort zu kassieren und Sie des Landes zu verweisen. Sie werden in diesem Fall nicht nur sofort Ihren Urlaub abbrechen müssen (und alle Kosten dafür tragen), sondern werden wahrscheinlich auch nie mehr einreisen dürfen oder nur nach einem längeren juristischen Verfahren, das von Deutschland aus über die Botschaft zu führen und für den Durchschnittsverdiener finanziell kaum leistbar ist. Wir betonen das deshalb, weil es immer wieder Touristen gibt, die auch bei offiziellen Kontrollen die Ehrung des Weiß nicht anerkennen, sich weigern, das Weiß abzulegen oder zu verdecken und sich in sehr offensiver Weise abfällig über die Anmaßung ausdrücken, die sie darin sehen, dass Naraita ihnen eine Farbe verbieten will. Wenn Sie von einer offiziellen Patrouille mit einem demonstrativ weißen Kleidungsstück angetroffen werden, verstoßen Sie gegen die Einreisebestimmungen, die Sie mit Ausstellung des Visums anerkannt haben. Im Normalfall wird man Ihnen die Chance einer Korrektur geben. Wenn Sie sich aber weiterhin weigern und despektierlich verhalten, müssen Sie damit rechnen, das Land unmittelbar verlassen zu müssen.




Aufenthalt in Naraita


Essen

Naraita ist dafür bekannt und bewundert, (fast) keine Nahrungsmittel zu importieren und keine intensive Tier- und Pflanzenproduktion zu betreiben. Wenn man durch Naraita reist, kann man erleben, was dies bedeutet: Keine Massentierhaltung, mittelgroße Höfe, weite Weideflächen und Graslandsavannen. Lebensmittel in Naraita sind wie von einer anderen Welt. Es gibt zu diesem Thema hervorragende Bücher, denen wir hier nicht Konkurrenz machen wollen. Wenn Sie in Naraita kochen wollen, bewußter sich mit Lebensmitteln auseinandersetzen, etwas über Anbaugebiete oder Nutzpflanzen lernen, die unglaubliche Fülle von Kräutern oder die tropischen Früchte, die es tatsächlich nur in Naraita gibt und die von hier (fast) nicht exportiert werden, dann empfehlen wir Ihnen eine entsprechende Fachliteratur, die dafür auch notwendig ist. Auf der ersten nähernden Reise in Naraita werden ohnehin nur ganz interessierte Hobbyköche sich selbst auf einen Markt begeben (die, wie unsere Erfahrung zeigt, alle einschlägigen Bücher ohnehin schon besitzen und für die die Qualität der Nahrungsmittel, die Beschaffenheit der Böden und das ganzheitliche Verständnis von Landwirtschaft oft der Hauptgrund ist, nach Naraita zu reisen). Wir empfehlen der restlichen Mehrheit, sich auf die Restaurants einzulassen (Kapitel 4) und dort je nach Geldbeutel auch eine ganz neue Ebene der Gourmetküche zu entdecken. An dieser Stelle soll aber ein anderer Aspekt betont werden, der bei der Begeisterung für die Küche von Naraita oft untergeht: Hier geht es nicht um eine besonderes ökologische Anbauform. Sondern die Qualität der Lebensmittel ist die Folge einer inneren Haltung. Eines anderen Verständnisses von Nahrung. Und bei manchen Touristen kommt es auch hier zu Verwirrung oder zu Verärgerung. Zunächst sind Lebensmittel teurer. Das können Touristen oft noch akzeptieren, weil sie es auch aus anderen Urlaubsdestinationen gewöhnt sind. Aber Fleisch und Gemüse und Obst auf natürliche Weise herzustellen und keine langen Transportwege in Kauf zu nehmen heißt vor allem auch: Es ist nicht immer verfügbar. Lebensmittel gibt es in Naraita regional und saisonal. Zwar besitzt Naraita eine unvergleichliche Vielfalt von Landschaft und Klimazonen, was zu einer großen Auswahl an kurzfristig verfügbaren Saisonartikeln führt. Dennoch ist eine extensive Tierhaltung, wie sie bei uns selbstverständlich ist, in Naraita nicht nur unerwünscht, sondern auch formal verboten. Dieses Verbot ist allerdings nicht von großer Bedeutung, da sich nie eine Tradition der Industrialisierung von Tierhaltung entwickelt hat. Hühner in computergesteuerten Großhallen aus Eiern schlüpfen zu lassen und sie über ein Förderband weiterzutransportieren, ohne dass diese Kontakt mit ihren Elterntieren oder mit dem Tageslicht haben wäre in Naraita nicht denkbar. Niemand hat je die Genehmigung für eine solche Fabrik beantragt. Die Naraita haben ein anderes Verständnis davon, was eine Speise wirklich nahrhaft macht. Und weil sie wie sie glauben sehr nahrhafte Speisen bekommen, benötigen sie nicht mehr oder intensiviertere Kost. Eine natürliche Tierhaltung bedeutet schlicht auch: Es gibt nicht jeden Tag Fleisch. Das gilt auch für sehr wohlhabende Familien. Nicht, weil es nicht für Geld doch möglich wäre. Sondern, weil es nicht natürlich ist. Was immer verfügbar und überall verfügbar ist, ist Fisch. Sie werden Restaurants finden, auch sehr gute und teure, die Ihnen einfach sagen: Rindfleisch gibt es bei uns nur am Wochenende. Wir müssen dann immer lächeln, wenn Touristen daraufhin entsetzt davon stieben. Lassen Sie sich auf dieses Land ein. Fragen Sie den Koch nicht, was er hat. Sondern sagen Sie ihm: Ich liebe grüne Gemüse, heute habe ich Hunger auf ein salziges Gericht, bitte kein Sesam, das mag ich nicht. Und dann werden Sie etwas bekommen. Und auch, wenn er an diesem Tag kein Fleisch hat, können wir Ihnen versprechen: Es wird eines der besten Essen Ihres Lebens. Eine Anekdote, die der Autor vor ein paar Jahren erlebt hat, mag dies verdeutlichen: In Deutschland holt er einen Freund, seines Zeichens Gastro-Kritiker eines großen englischen Magazins, am Flughafen ab, der von einem langen Urlaub in Australien zurückkommt und in Naraita zwischengelandet war. Auf die Frage, wo er am besten gegessen hätte, antwortete er: „Beim Transit in Naraita.“ „Warst du draußen?“ „Nein. Aber im Duty-Free-Shop gabs Äpfel.“



Trinken


Wir sagen es gleich zu Beginn, damit es nicht überlesen wird: Der Konsum von Alkohol ist in grundsätzlich Naraita nicht erlaubt. Immer wieder erleben wir, dass dies bei Touristen und Geschäftsleuten falsch verstanden wird. Oder verstanden werden möchte. Sie machen daraus ein Verbot des Trinkens von Alkohol in der Öffentlichkeit, ein Verbot des Trinkens von Alkohol, wenn man minderjährig ist oder ein Verbot von offensichtlicher Volltrunkenheit. So ist es aber nicht. Es ist so: Alkohol ist eine Droge. Sie verändert das Steuerungsvermögen, die emotionale Stabilität, die Urteilskraft, die Fähigkeit, Autos und Maschinen zu bedienen, sie senkt die Schwelle für Aggressionen, schadet der Gesundheit und hat ein hohes Abhängigkeitsrisiko. Auch Naraita weiß, dass es Menschen gibt, die Alkohol verantwortungsvoll und in Maßen genießen können. Auch Naraita weiß, dass die Herstellung bestimmter Weine oder Destillate in anderen Ländern eine alte Kunst ist und einen festen Platz in gehobener Küche hat. Aber die Regierung von Naraita sieht den Preis als zu hoch an. Den Preis, den sehr viele Menschen dadurch zahlen, dass sie sich und anderen unter dem Einfluss dieser Droge Leid zufügen. Den Preis, der dadurch gezahlt wird, dass Alkohol in geschäftlichen und politischen Zusammentreffen ausgegeben wird und die Begegnungen, Entscheidungen und Urteile dort verändert. Den Preis, den Kinder zahlen, deren Eltern unter Alkohol gewalttätig werden. Den Preis, den die Menschen zahlen, wenn ein Konflikt auf der Straße unter Alkohol eskaliert. Den Preis, der von Menschen gezahlt wird, die unter Einsamkeit oder Verzweiflung leiden und die in eine viel größere Welt des Leids eintreten, wenn sie der Versuchung erliegen, Alkohol als Lösung zu suchen. Daher wird die Herstellung, der Verkauf und der Konsum von Alkohol in Naraita verfolgt und bestraft. Die Herstellung von Alkohol zu chemischen, medizinischen und industriellen Zwecken benötigt umfangreiche Genehmigungen und Auflagen. in der Küche des Landes ist Alkohol auch in verkochter Form nicht üblich. Zwar wäre etwa die Einfuhr eines aus Europa mitgebrachten Rumkuchens nicht verboten, da der Alkohol verkocht ist. In Naraita selbst wird man solche Zubereitungen aber nicht finden. Gelingt Naraita damit, dass Alkohol in ihrem Land nicht verfügbar ist? Nein. Alkohol kann sehr einfach hergestellt werden und ist wie andere Drogen ebenfalls auch in Naraita vor allem in größeren Städten durchaus leicht zu bekommen. Aber das Alkoholverbot, das übrigens seit der Gründung des Staates Naraita besteht und niemals politisch in Frage gestellt wurde, ist im gesellschaftlichen Alltag deutlich als Unterschied zu anderen Ländern spürbar. Das Trinken von Alkohol gehört nicht zum Alltag, sondern existiert in einem illegalen Raum. Wie in anderen Ländern auch sind es häufig junge Menschen, die in der Pubertät ihre Grenzen austesten und so auch erste Erfahrungen mit gerade den leichteren Drogen wie Alkohol oder auch Cannabis sammeln wollen. Die Rechtssprechung in Naraita geht mit diesen jungen Menschen dann auch sehr nachsichtig um. Bei Erwachsenen ist die Verfolgung erheblich strikter. Dies gilt übrigens auch für Auslandsaufenthalte: Naraitische Staatsbürger dürfen auch im Ausland keinen Alkohol trinken. Natürlich ist dort die Versuchung größer und sicher wird dieses Verbot auch oft gebrochen. Dennoch gilt für naraitische Staatsbürger: Wenn sie in einem anderen Land angeklagt werden und in ihr Land zurückkehren, wird die Anklage unabhängig von der Strafverfolgung des betroffenen Landes erneut geprüft. Und zwar unter naraitischen Gesetzen. So kann ein Naraita, der mit 0.5 Promille einen Unfall baut in einem Land, in dem eine Promillegrenze von 1.0 gilt in dem Land selbst möglicherweise erheblich milder beurteilt werden als das Gericht in Naraita danach urteilt.


Womit haben aber Reisende aus anderen Ländern in Naraita zu rechnen? Alkoholverstöße bei Touristen, aber auch Geschäftsleuten sind in Naraita an der Tagesordnung. Viele scheren sich nicht um das Alkoholverbot. Sie wissen, dass Alkohol nicht ohne weiteres zu kaufen ist und bringen deshalb ihre Versorgung gleich mit. Gerade in großen Städten sieht man auch immer wieder Touristen, die sich nicht bemühen, ihren Alkoholkonsum zu verstecken und angetrunken in den Bars feiern wollen. Und die erheblich fassungslos und auch schnell aggressiv sind, wenn sie merken, dass die Barbesitzer ihnen keinen inoffiziellen Alkohol anzubieten bereit sind, sondern die Polizei rufen. Wir raten Ihnen: Wagen Sie den Versuch. Sie werden merken, dass die Abende in Ausgehvierteln von Naraita auch ohne Alkohol ein Genuss sind. Dass die Naraita durchaus wissen, wie man feiert. Sie werden überrascht sein, wie man durch eine gute Gemeinschaft, durch einen schönen Ort, durch richtige Musik und das überall präsente Tanzen gemeinsam in ein Loslassen kommt, bei dem es auch ohne Alkohol möglich ist, von Sorgen abzuschalten, sich weicher zu zeigen, weniger steif zu sein oder beladen vom Alltag. Wie naraitische Sicherheitsbehörden reagieren, wenn sie auf Touristen mit Alkohol treffen ist sehr unterschiedlich. Die Akai haben hier einen großen Spielraum. Der Alkohol wird in jedem Fall sichergestellt. Es gibt Bußgelder, Verwarnungen, aber auch Verhaftungen sind möglich. Ist nicht offensichtlich, dass der beim Eingereisten angetroffene Alkohol aus dessen Land mitgebracht wurde, wird ein erheblich aufwändigeres Untersuchungsverfahren anlaufen, bei dem der Dealer – denn so muss es in der naraitischen Denkweise heißen - identifiziert werden soll. So oder so: Sollte der Angetroffene sichtlich angetrunken sein, wird er auf jeden Fall verhaftet. Und mit Verhaftung ist keine Ausnüchterungszelle gemeint, aus der er am nächsten Morgen wieder gehen kann. Immer wird ein Alkoholvergehen auch dokumentiert. Bedenken Sie dabei, dass Naraita weniger daran interessiert ist, ausländische Gäste zu erziehen oder zu beurteilen: Aber sie schauen sich sehr genau an, wen sie in ihr Land lassen. Ein Reisevisum kann jederzeit annulliert werden. Am nächsten Tag müssten sie ausreisen. Aber auch, wenn die Akai Sie nach der Konfiszierung der mitgebrachten Flasche Wodka in Ruhe lassen: bei Ihrem nächsten Visumantrag Jahre später könnten Sie plötzlich eine Abweisung bekommen, die Sie damit gar nicht mehr in Verbindung bringen. Im letzten Jahr ging der Fall eines von Naraita abgelehnten Botschafters durch die Presse: Der englische Kandidat war fünf Jahre zuvor als Tourist verhaftet worden, weil er in einer Hotellobby nicht nur getrunken hatte, sondern auch noch andere Gäste dazu aufgefordert hatte. Die Todai lehnte die Akkreditierung ab. Die Öffentlichkeit erfuhr davon, weil der abgelehnte Bewerber medienwirksam dagegen vorging und die naraitische Regierung in den Boulevardmedien herabwürdigte: Die Todai hatte weder die abgelehnte Akkreditierung noch das festgestellte Alkoholvergehen an irgendeiner Stelle erwähnt. Der abgelehnte Bewerber selbst war es, der von seiner Trunkenheit berichtete, weil er das Vorgehen dagegen für lächerlich hielt. Wir möchten Ihnen einfach raten, das Alkoholverbot zu respektieren. Am Ende sei noch eine Warnung ausgesprochen: Sollte es zu einer Straftat in Verbindung mit Alkohol kommen. Sollte jemand unter Alkoholeinfluss einen schweren Unfall verursachen oder eine Gewalttat begehen. Dann wird derjenige in Naraita vor Gericht gestellt und auch in Haft genommen. Und vor einem solchen Gericht wird eine Volltrunkenheit, unter man etwas tut, woran man sich später nicht erinnern kann keineswegs als verminderte Schuldfähigkeit gesehen. Sondern im Gegenteil als eigener, schwer bewehrter Straftatbestand.


Eine kurze Bemerkung noch zu einem weiteren Gesetz, das in Naraita anders gehandhabt wird als in vielen anderen Ländern: Prostitution ist verboten und auch im Vergleich zu anderen Ländern, in denen solch ein Verbot ebenfalls gilt erheblich weniger verbreitet. Das liegt offensichtlich daran, dass man ein Einwanderungsvisum in Naraita nur bekommt, wenn man ein Beschäftigungs- oder Versorgungsverhältnis nachweist. Auch naraitische Frauen prostituieren sich gewöhnlich nicht aus Armut, da diese Frauen, wenn sie alleinerziehend sind, arbeitslos oder krank, das Rentenalter erreicht haben, von ihrer Familie verstoßen wurden oder als Witwe verarmen ein ausreichendes Grundeinkommen zusteht, das direkt vom Jonayat gezahlt wird. Auch gehobene Prostitution aber wird nicht geduldet. Frauen, die körperliche Dienste anbieten möchten, damit mehr Einkommen generieren wollen oder andere Motive haben, können unter Umständen sogar inhaftiert werden, obwohl dies der letzte Schritt ist. Prostitution in Zusammenhang mit Beschaffungskriminalität findet statt. Sie findet aber kaum öffentlich statt und ist natürlich ebenfalls verboten. Dasselbe gilt auch für Freier und in besonderer Weise für Zuhälter. Zwangsprostitution wird von den Strafbehörden in Naraita schärfstens verfolgt. Ein Wort noch in diesem Zusammenhang zu der oft diskutierten schwachen Stellung der Frau in Naraita: Frauen genießen in der Verfassung des Landes einen besonderen Schutz, was man zum Beispiel auch daran sieht, dass Frauen, die sich aus schweren Abhängigkeiten befreien wollen und Gewalt befürchten nicht etwa darauf angewiesen sind, sich auf schlecht bewachte privat finanzierte Frauenhäuser zu verlassen, wo andere Frauen sich damit mühen, sie zu schützen. Die Führungsabteilung der Akai, die Hyza, hat eine eigene Abteilung, die dafür zuständig ist, den in der Verfassung verankerten besonderen Schutz der Frauen zu überwachen und sicherzustellen. Die yihe registriert und überwacht landesweit alle Fälle, in denen Frauen um Hilfe bei den Akai anfragen und entscheidet, bei welchen Fällen sie beratend zur Seite steht oder welche davon sie übernimmt. Die yihe schult die Akai, organisiert den Schutz von Beratungsstellen und betreuten Unterkünften, besonders im Falle häuslicher Gewalt, und kann von allen exekutiven Heze-Rängen um Linienhilfe gebeten werden. Ein weiteres Aufgabengebiet liegt in der Bekämpfung der Prostitution und besonders der Zwangsprostitution im Rahmen der organisierten Kriminialität, diese Linien gehen ausschließlich zur yihe, die ja eine Hochabteilung ist und auch in der Todai ihren Hauptsitz hat. Aber auch eine einzelne Frau kann sich direkt an die yihe wenden, wenn sie sich sich von den zuständigen Akai-Stellen nicht gut geschützt fühlen. Die Jonaya ist Schirmherrin dieser Abteilung und wird regelmässig in Einrichtungen als Visitorin gesehen.



Restaurants

Naraita gilt als das Land der besten Restaurants weltweit. Unzählige Führer lassen sich über die genauen Kategorien, die regional unterschiedlichen Stile, die großen Köche und die Möglichkeiten aus, noch zu eigenen Lebzeiten dort einen Tisch zu ergattern. Von den 100 besten Restaurants des aktuellen Condé Cuisine World Award finden sich 72 in Naraita - 33 davon auf der Edoa, weitere zehn im übrigen Stadtgebiet von Aiza, zwölf in Anayia, vier in Yoe, insgesamt zehn in übrigen Landesteilen. Zum Vergleich: Vier findet man auch in den USA, ebensoviele in Europa, je eines in Japan, China, Malaysia, Singapur, Dubai und Südafrika. Kanada, Indien und Kenia mußten ihre Plätze abgeben: An drei Neueröffnungen in Vaipoko und Gaika, zwei Städte mit knapp unter 500.000 Einwohnern in der Yare der Yamatai. Und das bedeutet: Lassen Sie die Finger davon. Nehmen Sie soviel Geld, wie Sie ausgeben möchten. Soviel Geld, wie Sie in Deutschland für ein Sternerestaurant bezahlen würden. Damit kommen Sie in der Sterneküche von Naraita natürlich nicht weit. Aber das brauchen Sie auch nicht. Gehen Sie in ein afira eke. Das ist in Naraita die Entsprechung eines Restaurants, das keine Kneipe ist, sondern eine ordentliche, sehr gepflegte Küche und einen guten Service bietet. Die Atmosphäre dort ist entspannt, Sie brauchen keine strenge Kleiderordnung zu befolgen, die Getränke sind bezahlbar. Das Essen ist für deutsche Maßstäbe bereits sehr teuer, was Sie wahrscheinlich verwirren wird, da das Ambiente und die Zusammensetzung der Menüs keiner Luxusküche entsprechen. Lassen Sie sich verzaubern. Die national typische und verbreitete Küche in Naraita ist eher eine einfache. Das Essen wirkt in sich. Es braucht in der Liga, in der deutsche Gaumen sich bewegen, keine großartige Kochkunst. Die Essenz, die Intensität des Geschmacks und der Qualität sind unbeschreiblich. Natürlich kann man mit frischen Gize-Pflaumen, einem sehr wertvollen Obst aus der Edera, auch eine Soufflé-Quiche mit Walnüssen und weißem Schokoladenschaum zusammenstellen. Man kann sie aber auch mit Pfannekuchen essen. In Naraita ist für die Führung eines Restaurants der Einkäufer wichtiger als der Koch: Er muß die Pflaumen besorgen. Und wenn man das schafft, dann kann man auch einen Teller nehmen, vier Pflaumen darauf legen und das für 20 Euro als Dessert verkaufen. Ohne alles. Wir versichern Ihnen: Sie werden diesen Dessert niemals vergessen. Es gibt diese Pflaumen nirgendwo anders. Sie werden nicht exportiert, sie werden nicht in großen Monokulturen angebaut, denn dann wären sie nicht, das sie sind. Ihre Aufmerksamkeit, Ihre Sinne und Ihr Erstaunen werden mit dem Entdecken dieser Pflaume ausgelastet sein, der weiße Schokoladenschaum wäre fast zuviel. Auch hier benötigen Sie aber wieder ayie – die Bereitschaft. Die Offenheit. Die Würdigung. Sie müssen wenigstens einen Beginn von Geistessammlung beherrschen, von Erfahrung mit Aufmerksamkeit und Konzentration. Denn auch die besten Lebensmittel kann man hastig herunterschlingen, abgelenkt, nicht wert-schätzend, nicht wahrnehmend. Und dann schmecken sie auch nicht. Aber Menschen, die sich der ayie öffnen, die in der Lage sind, etwas sehr bewußt zu tun und intensiv, die werden in dieser „Ausrichtung“, wie Naraita sagen würden, Lebensmittel vorfinden wie sie sie nirgendwo anders bekommen. Nur Betriebe, die Lebensmittel einer solchen Qualität verarbeiten, gelten in Naraita als Restaurants. Afia ya, die einfachen Gaststätten hingegen sind preiswertere Lokale und Touristenfallen, und fast nur Touristen werden auch dort zu finden sein, in gutem Glauben, dass sie für das normale Geldniveau, das sie auch von zu Hause gewöhnt sind, die Küche von Naraita kennenlernen. Naraita selbst besuchen keine afia ya. Wenn sie nicht genug Geld haben, gehen sie nicht essen. Sie gehen ja auch nicht in ein Museum, das zwar sehr viel billiger ist, in dem aber kein Bild hängt.




Kriminalität / Sicherheit


Naraita ist sehr sicher, dennoch sollten Sie gesunden Menschenverstand walten lassen und Atmosphären und Wege meiden, die Sie auch in Deutschland meiden würden. Auch in Naraita gibt es Drogenszenen, dunkle Gassen oder Gruppen, denen man von weitem ansieht, dass man als allein laufende Frau nicht direkt durch sie hindurchgehen muß. Die Kriminalitätsrate liegt um den Faktor drei niedriger als in Deutschland, wo sie auch schon im internationalen Vergleich sehr niedrig ist. Das verleitet Touristen manchmal dazu zu glauben, es könne in diesem Land überhaupt nichts passieren und sie könnten alle Vorsichtsmaßnahmen fallen lassen. Die Autoren, darunter drei Frauen, haben in den Jahren in Naraita schlechte Erfahrungen allerdings durchgehend immer nur mit ausländischen Touristen gemacht, die meistens auch betrunken waren.


Gesellschaftsanalytisch gibt es im Bereich der Sicherheit nicht nur das, was man als Tourist auf der Straße vielleicht erlebt, sondern auch die in allen Ländern bekannte Kriminalität durch größere, vielleicht sogar organisierte Strukturen. Korruption, Kartellkriminalität, Industriespionage. Insofern es sich dabei um organisierte Kriminalität handelt, arbeitet diese im Gegensatz zu anderen Ländern völlig verdeckt und bemüht sich, Gewalt oder Auseinandersetzungen unter keinen Umständen in die Öffentlichkeit zu bringen. da Polizei und Inlandsgeheimdienst in Naraita erheblich mächtiger und effizienter sind. Manche Autoren – und deshalb erwähnen wir es hier – nehmen diese Strukturen zum Anlaß zu behaupten, dass Naraita in seiner Kriminalität und auch Gefährlichkeit für Wirtschaftspartner bei weitem unterschätzt wird. Diese Einschätzung halten wir für unsinnig. In Naraita gibt es sicher nicht mehr organisierter Kriminalität als in anderen Ländern sondern im Gegenteil sehr viel weniger, aber man hört viel mehr von ihr, denn sie wird aufgedeckt, es gibt Verhandlungen, weil die Strafverfolgung viel effektiver und vor allem nicht korrupt ist. Sollten ausländische Investoren oder Wirtschaftspartner unsicher sein ob der Seriösität ihrer Partner in Naraita oder sollten Sie sich sogar bedroht oder betrogen fühlen bietet Naraita wie kein anderes Land zahlreiche und verläßliche offizielle Ansprech- und Vermittlungsstellen, die bei Bedarf auch vertraulich aufgesucht werden können. Insgesamt läßt die Regierung von Naraita keinen Zweifel daran, dass sie keinerlei Interesse daran hat, ihre Bürger egal in welcher Unternehmensgröße mit zweifelhaften Methoden Geschäfte machen zu sehen und dass sie mit aller Entschiedenheit dagegen vorgeht. Hier ist auf die Unterscheidung von Akai und Hyza zu verweisen: Die Akai sind die lokalen polizeilichen Ordnungsbehörden. Sie versehen einen Streifendienst, übernehmen die Regelung öffentlicher Sicherheit und die Bekämpfung der kommunalen Kriminalität, sind aber in entsprechend davon getrennten Abteilungen auch zuständig für Brandbekämpfung (Rine) – die Feuerwehr ist in Naraita also Aufgabe der Polizei - Technischen Hilfsdienst, Bergwacht und Grenzsicherung (Asai). Die Hyza ist die der Akai vorgesetzte Hochabteilung, die von Rängen erheblich höherer Qualifikation und erweiterter Ausbildung vertreten wird. Die Hyza ist eingeteilt in die Führungsabteilungen der verschiedenen Abteilungen der Akai, unter anderem einer überregionalen Einsatzzentrale der regionalen Akai-Stellen, einem Inlandsgeheimdienst zur Bekämpfung organisierter Kriminalität und Terrorismus, einem Einsatzzentrum für die Hilfeleistung bei Großunfällen, Vermißtenfällen oder schwierigen Bergungen, der Abteilung zur Führung der Brandbekämpfung sowie einer Abteilung zum Schutz bedrohter Frauen.


Extremismus und Terrorismus: Nika


Die Nika ist die Sammelbezeichnung für verschiedene rechtsextremistische Strömungen in Naraita, die in Unterteilen auch gewaltbereit bis terroristisch eingestuft werden muss.

Ausländer haben hier keine Zwischenfälle zu befürchten: Der Extremismus der Nika richtet sich gegen die in Naraita als grundlegend, existenziell und identitätstiftend gerichtete Verbindung zwischen den Fiyoa und den Kiye und in dieser Hinsicht in seiner organisierten und hoch gewaltbereiten Form in erster Linie gegen adlige Familien.

Von außen wird dies manchmal so wahrgenommen, als gäbe es eine Protestbewegung gegen die Monarchie, eine Protestbewegung, die mit staatlichen Mitteln unterdrückt würde. Genau dies ist nicht der Fall: Die Nika sind keineswegs gegen die Monarchie. Allerdings haben sie eine eigene Vorstellung davon, wie die Monarchie zusammengesetzt sein darf. Ein bekannter Ausspruch etwas gemäßigterer rechtsorientierten Populisten verklausuliert lautet: „Die Indianer tun den Wäldern gut.“ Dieser zunächst harmlos klingende Satz wird aber oft so gebraucht, dass der nächste gedankliche Schritt gleich angehängt wird: „Die Indianer sind nur für die Wälder gut“, ein Satz, der mühelos zu „Indianer zurück in die Wälder“ gesteigert wird.

Forderungen dieses politischen Lagers sehen vor, das Genom der Kiye nicht zum Genom von Naraita zu zählen und ihnen daher Bürgerrechte, Reichtum und Mitspracherecht zu verwehren. Kiye-Genome sind in der Bevölkerung manchmal ungleichmäßig verteilt und häufig nicht optisch auszumachen; bei genauerer Recherche der eigenen Familiengeschichte würde auch so mancher Nika-Anhänger unter Umständen eher auf indianische Gene treffen als ihm lieb ist. Eine kleinere Bevölkerungsminderheit aber gehört zu den genetisch noch unvermischteren Fiyoa und sind deutlich als solche zu erkennen. Man findet sie hauptsächlich in der Darea. Ebenfalls gibt es einen Bevölkerungsteil, in dem genetisch deutlicher als sonst die Kiye-Gene stark wirksam und auch sichtbar sind. Diese finden sich hauptsächlich auf dem Gebiet der Edera. Angehörige dieser Gruppe können besonders, wenn sie in anderen Landesteilen wohnen Opfer rassistischer Übergriffe werden – im allgemeinen aber sind sie nicht Zielpersonen der Nika. In einer anderen Bevölkerungsgruppe allerdings gibt es ebenfalls rein erhaltene und stabil verankerte, durchaus dominante Kiye-Genome, die optisch unverkennbar sind: Im Adel.



Für das Verständnis der im Sicherheitsbereich relevanten Informationen über die Nika können Sie jetzt aber wissen: Die Nika als illegale und extremistische Splittergruppe des rechtsextremen politischen Flügels in Naraita bekämpft gewalttätig die adligen Familien, die eine starke Kiye-Komponente besitzen und „dennoch“ wie die Nika es sieht „auf weißem Stein arbeitet“, also in Hochabteilungen Macht ausübt. Stattdessen würde die Nika gerne einen möglichst „sauberen“ Fiyoa-Adel sehen. Als reinste Fiyoa-Familie gelten die Yamatai, und es gab in der Geschichte der Yamatai sogar Ränge, die selbst als Nika enttarnt und verurteilt wurden. Bei den Hochajani kann die Phänotypie je nach Generation stark wechseln. Zur Zeit besitzen zwei Ränge der Amaterai einen Elternteil, der aus einer kiye-geprägten Familie stammt. Einer der Ränge ist die Jonaya, die das zweithöchste Amt des Staates verkörpert. Die Physiognomie der Kiye zeigt eine leicht dunklere Hautfarbe, dunkle, wellige Haare, dunklere, weichere Augenpartien und häufiger einen schmaleren Körperwuchs und schmalere Gelenke. Yeniya Roya Amaterai trägt für jeden in Naraita erkennbar einen starken kiye-Anteil. Dies führt dazu, dass die Nika so aktiv und aggressiv wie seit Generationen nicht auftritt und öffentlich erklärt hat, die Jonaya töten zu wollen, damit ein „reinerer“ Rang der Amaterai das Land führen kann. Als überwiegend oder betont stärkere Fiyoa-Familien gelten weiterhin die Harada, die Kamé, die Ikeda und die Navara. Die Tesho, die Arasua und die Awea tragen als ein sehr ausgewogenes Genom, in dem es eine deutliche Kiye-Komponente gibt, die aber nicht die typische Phänotypie der Kiye zeigt. Stärker ist diese schon sichtbar bei den Adjadan. Als stärkste Kiye-Familie gelten die Noja, die damit von Seiten der Nika auch den deutlichsten Anfeindungen ausgesetzt ist, da die Noja sehr dekastark sind und zahlreiche Ränge in der Führung der Todai dienen. Die Ryozan nehmen eine Sonderstellung ein, da sie historisch und genetisch eng verbunden sind mit den Pena.


Im Normalfall dürften aber Touristen, Besucher und auch Gäste nicht betroffen sein. Immer wieder kommt es zu Verhaftungen in der Nika-Szene; es kommt in dieser finanziell und organisatorisch sehr gut ausgestatteten Struktur dennoch regelmäßig zu Anschlägen, es gibt Attentatsversuche, aber diese sind immer sehr gezielt; da die Nika ja gerade keine anderen Ränge treffen wollen, die unter Umständen „fiyoa“ sind, sind z.B. Sprengstoffanschläge oder vergleichbare Bedrohungen, wie sie aus anderen Ländern bekannt sind deshalb nicht zu befürchten.


Niya - Gast sein


Wir haben versucht, den Unterschied zu beschreiben dazu, ein Tourist zu sein und geiya – ein Besucher zu werden. Obwohl es sehr schwer ist, sehr selten und wenn überhaupt erst nach langer Zeit passieren wird soll dennoch auch die höchste Stufe des Besuchs in Naraita erwähnt werden: Niya. Ein Gast sein. Vielleicht wird Ihnen das Glück irgendwann zuteil, sich nicht nur dem Land zu nähern, sondern auch seinen Menschen, vielleicht, weil Sie Naraita kennen, die in Ihrem Land arbeiten oder weil Sie langjährige Geschäftsbeziehungen vertiefen, weil eine Sympathie wächst und Nähe. Niya erai, ein Gast zu sein, bedeutet in Naraita etwas ganz anderes als in anderen Ländern. Nur, wer sich auskennt, weiß, wie schwierig es ist. Und wie wunderbar, wie faszinierend und tief eine solche Näherung an eine sonst verschlossene Kultur und Gesellschaft einen jeden Gast bereichert, in ihre Mitte aufnimmt und beschenkt. Ein Gast zu werden, zu sein und sich auch als solcher würdig zu erweisen ist dabei nicht einfach. Einfach allerdings ist es zu erkennen, wann man ein Gast ist und nicht mehr ein Besucher. Der Moment, in dem ein Naraita beschließt, Ihnen eine Gastfreundschaft anzubieten ist der Moment, in dem er Sie in sein Haus einlädt. Denn dies geschieht sonst unter keinen Umständen. Keine Geschäftsverhandlung, kein noch so wichtiges oder spontanes Gespräch wird im Haus des Naraita stattfinden, sondern immer in den Geschäftsräumen oder in einem Restaurant. Naraita, die Büros, Praxen oder andere Räume an ihr Wohnhaus angegliedert haben, haben diese dennoch sorgfältigst getrennt. Diese Trennung zieht sich vom einfachen Bauernhof, in dem man den Hofladen betreten kann aber nicht die Stube, bis zu den Residenzen adliger Familien, die eigene Audienzräume besitzen oder der Todai selbst: Die Todai ist ein Geschäftsraum. Die privaten Räume der Hochajani sind weit weniger bekannt und werden Geya genannt. Sollten Sie ein mündliche oder schriftliche Einladung „adie are“, in „meine eigenen Räume“ bekommen, wissen Sie, dass Sie es geschafft haben. Und dass es jetzt erst anfängt.


Gast zu sein erfordert eine sehr differenzierte Kenntnis der Kultur und streng hierarchischen Gesellschaftsstruktur von Naraita. Sie müssen Ihren Gastgeber und alle Anwesenden gut genug einordnen können, um diese Hierarchie zu respektieren. Grundzüge der Amaien Sprache sollten vorhanden sein, obwohl Sie sie nicht werden anwenden müssen, denn der Gastgeber trägt die Verantwortung dafür, dass Sie sich wohlfühlen und entspannen können, so dass Sie damit rechnen können, dass die Tischkonversationen auf Ihre Sprachkenntnisse ausgerichtet sein werden. Eine ausreichende Würdigung des Themas adie are würde den Rahmen unseres Reiseführers sprengen und wird wahrscheinlich auch nicht unsere Zielgruppe ansprechen, die sich nur einen ersten Überblick verschaffen will. Interessierten sei die exzellente Darstellung von Pierre Abin empfohlen, die unter dem Titel „cordial“ bei le monde RAT erschienen ist. Eine Besonderheit wollen wir allerdings erwähnen, weil sie auch für Touristen und Besucher wertvoll ist zu wissen: Die größte Schwierigkeit dabei, ein Gast zu sein besteht nicht in der Anwendung der Sprache oder der adäquaten Haltung innerhalb der Hierarchien, die zwar am Anfang verwirrend sind, aber in den zivilen, also nicht-adligen Gesellschaftsschichten dennoch lernbar und übersichtlich sind, so dass es ausreichen wird, wenn Sie eine Bemühung zeigen, durch die sie sowohl schnell Übung als auch schnell Verständnis bekommen werden, auch wenn das Ergebnis nicht fehlerfrei sein sollte. Ein anderer Bereich kann Gästen sehr viel mehr Probleme bereiten. Verschiedene Kulturen haben unterschiedliche Bereiche, die sie mit Geselligkeit untrennbar verknüpfen. die zutage treten, wenn die Entspannung wächst und die formalen Regeln eines Geschäftskontaktes einen nicht mehr schützen. In Japan oder Korea werden Sie als Verhandlungspartner nicht weit kommen, wenn Sie der Gruppe nach dem Essen nicht in die Karaoke-Bar folgen. In vielen westlichen Feiern wird der Gastgeber nicht wagen, keinen Alkohol auszuschenken, und es wird in manchen Rahmen sehr schwierig sein, diesen abzulehnen. Im Kongo waren wir bei Stämmen zu Gast, bei denen zu jeder großen Feier das gemeinsame Schwimmen im Meer gehörte (leider bei jeder Temperatur!). Zu Geselligkeit und sozialer Nähe gehört in Naraita untrennbar und selbstverständlich das Tanzen. Und das ist auch das wirkliche Unterscheidungskriterium dafür, ob Sie ein Besucher sind oder ein Gast: Ob man Sie zum Tanzen auffordert. Wenn wir das Freunden oder Geschäftspartnern erklären, bekommen wir oft etwas abgehobene Blicke, die uns wortlos belehren, dass man in den entsprechenden Elite-Unis, die besucht wurden, sehr wohl in gesellschaftliche Pflichten eingeführt wurde. Aber so einfach ist das nicht. In Naraita tanzt man nicht langsamen Walzer. Der Tanz ist in Naraita nicht der Pflichtteil eines Treffens. Sondern er ist genau das Gegenteil. Er ist das Ausmaß, indem man vom Small talk zu einem tieferen Gespräch kommt. Von einem oberflächlichen Blick zu einem wirklichen Hinschauen. Zeige ich meinem Gast mein Wohnzimmer oder auch meine Küche. Lernt er mein Auto kennen oder auch mein Kind. Und in Naraita heißt das ganz konkret: Wie nahe lasse ich den anderen an mich heran. Genieße ich den Kontakt und besitze ich selbst die Fähigkeit zu Kontakt. Tanzen ist eine Kunst. Ein Kern der Kultur dieses Landes. Und das ist vielen Besucher von Naraita in keinster Weise klar. Zunächst ist ihnen oft nicht klar, wie zentral und wichtig eine Kontaktfähigkeit ist. Und dann ist ihnen nicht klar, wie tief in der Kutlur von Naraita das Tanzen als Ausdruck dieser Kontaktfähigkeit verwurzelt ist. Es gibt in Naraita niemanden, der nicht tanzen kann. Am ehesten vergleichbar ist das Land in dieser Hinsicht mit Brasilien. Aber in Naraita gibt es nicht nur Samba. Es gibt nicht das Tanzen. Sondern der Tanz ist eine Art der Kommunikation. Des intensiven und wortlosen Ausdrucks. Zwei Personen, die gerade noch geredet haben, können im Tanz dieses Kontakt intensivieren. Verkörpern. Vielleicht fortführen. Vielleicht vertiefen. Vielleicht den Kontakt ehrlicher, direkter, kreativer, gemeinsamer entwickeln. Das bedeutet nicht, dass ein Tanz die Erzwingung eines Kontakts ist. Es ist die Bewußtwerdung. Und ein Tanz kann auch dieses bewußt machen: Der Kontakt ist zerbrechlich. Oder verkrampft. Oder in den Grenzen und Schutzmauern, die sich auch in einem Gespräch realisieren. Dennoch wird all dies unmittelbarer erlebbar. Es gibt unzählige Ebenen, Intensitätsformen und Schwierigkeitsgrade. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind erheblich schwieriger, intensiver und anspruchsvoller als das, was wir in Europa Gesellschaftstanz nennen. Darüber, dass man in der westlichen Welt zehn Standardtänze kennt, die auch noch mehr oder weniger dieselben Schrittfolgen immer hintereinander haben können, schüttelt man in Naraita nur den Kopf. Mit einem Tanz kann ein Naraita in Sekundenschnelle mehr ausdrücken als mit seiner Sprache: Wer er ist. Wie er zu dem Tanzpartner steht. Wo er in der Hierarchie steht. Wie gut er ausgebildet ist. Wie gut er geerdet ist. Welche Wirkung er in seinem Körper entfalten kann. Auch: Wie es ihm geht. Was er möchte. Tanz ist in Naraita purer Ausdruck. Und pure Körperbeherrschung. Natürlich wissen auch Naraita, dass ihre Gäste sich der Art des Tanzes genauso nähern wie der Art der Sprache. Das bedeutet: Man wird Rücksicht nehmen. Es bedeutet nicht, dass man nicht mit Ihnen tanzen wird. Denn das wäre eine schwere Beleidigung für Sie. Es würde bedeuten, dass man sie ausgrenzt und isoliert. Wenn Sie sich in einer Runde befinden, in der Sie nicht zum Tanzen aufgefordert werden, dann können Sie gehen. Dann sind Sie tot, man hat Sie gesellschaftlich geächtet. Kein Gastgeber würde es wagen, seinen Gast nicht zum Tanzen aufzufordern, und zwar wird dieses Tanzen umso schneller beginnen und umso länger dauern, je größer seine Freude über den Besuch und seine Wertschätzung für den Gast zum Ausdruck gebracht werden soll. Tatsächlich wird man von Ihnen nicht erwarten, besonders gut zu tanzen, und das werden Sie auch nicht können. Aber Ihr Gastgeber oder Ihr Tanzpartner wird Ihnen eine Vorgabe machen, und wenn Sie diese überhaupt nicht aufnehmen können, wenn es zum Stocken kommt oder zum Bruch des Tanzes, dann ist das für manche Naraita so, als wären sie gerade noch im Gespräch, und Sie würden wortlos aufstehen und gehen. Den Kontakt abbrechen. Leider müssen wir aussprechen, wie es ist: Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Tanzverpflichtungen nur in sehr großen und offiziellen Anlässen wie zum Beispiel einer Hochzeit auf Sie zukommen. Naraita tanzen bei jeder Gelegenheit. Sie werden kaum eine Bar finden, keine Kneipe, kein Restaurant, in dem nicht getanzt wird. Auch bei kleineren Treffen innerhalb von Freunden, auch im informellen Kreis, sobald ein Rahmen entsteht dafür, dass man sich niedersetzt, dass man zusammen ißt und ein Stück den Tag feiert wird auch eine Tanzfläche vorhanden sein. Diese müssen nicht groß sein. Ähnlich wie beim Karaoke können Naraita nämlich auch gerne abwechselnd tanzen und dem jeweiligen Paar aufmerksam zusehen. Ausdrüclich ist ein Tanz in Naraita kein abgeschlossenes Privileg einer festen Beziehung. Nicht nur die eigenen Ehepartner beispielsweise tanzen miteinander. Sondern genauso wie man auch mit den anderen Leuten spricht und nicht nur mit seinem Partner, so tanzt man auch mit ihnen. Und wenn Sie jemand zum Tanzen auffordert, ist dies keineswegs unüblich oder gar eine Grenzüberschreitung im Falle, dass sie nicht alleine gekommen sein sollten. Natürlich gibt es auch Tänze, die intimer getanzt werden. Aber genauso wie ein Gespräch bei einer Feier eine Näherung sein kann oder ein sehr eindeutiges Angebot, so ist auch das Tanzen nicht einfach eine Aussage, sondern die Aussage beginnt erst beim Tanzen. Die Idee, einen ganzen Abend lang mit demselben Partner zu tanzen wäre für Naraita völlig unverständlich. Sie werden also beobachten, dass Naraita Tanzen anders erleben als wir. So, wie bei einer deutschen Feier genießend das Glas Rotwein probiert und dann angestoßen wird, so genießen es Naraita, im Kreis einer Feier Zeit zu haben, Raum und Freude daran, den eigenen Körper und den Körper des Partners in einen Ausdruck zu bringen, ein Spüren, je nach gesellschaftlicher Höhe schnell auch in eine Akrobatik, denn selbst junge Tänzer beherrschen schon hohe Hebungen, und bei besseren Tänzern geht es auch um Würfe und schwere Balancegriffen. Und das ist tatsächlich die größte Hürde, die das wunderbare Gast-Sein sehr schwierig machen kann. Natürlich wissen Naraita zwar, dass Ausländer nicht vergleichbar tanzen. Aber einerseits erwarten sie doch, dass sie ihnen zumindest ein kleines Stück folgen. Wenn Sie kein Amai beherrschen, werden Sie auf Verständnis stoßen. Aber die Naraita gehen davon aus, dass der Tanz universal ist – die Wahrnehmung des Körpers, das Öffnen des Kontakts, die Freude, sich auszudrücken. Und außerdem ist das Tanzen eben ein integraler Bestandteil des Erlebens, ein Gast zu sein. Daher wird es angeboten. Und erwartet, dass es angenommen wird.


Überlebenstraining Tanzen


Sie kommen nach Naraita, um dort Tourist oder um Besucher zu werden. Das bedeutet: Sie werden nicht tanzen müssen. Beobachten Sie die Tanzenden, genießen Sie die Kunst und auch die Bedeutung, von der Sie jetzt etwas mehr erfahren haben. Vielleicht werden Sie unseren Rat nicht ernst nehmen, aber wir geben ihn trotzdem: Tanzen Sie nicht mit. Gehen Sie nicht auf einer Restaurantterrasse, die vielleicht auch beruhigend gefüllt ist, auf der jeder für sich tanzt mit Ihrem Partner doch in eine Ecke und geben einen Discofox zum besten. Meiden Sie Nachtclubs, Kneipen und erst recht spezielle Tanzlokale. Sie blamieren sich bis auf die Knochen. Natürlich ist das nicht verboten. Niemand wird Sie hindern. Und Sie kennen ja niemanden. Wir sehen immer wieder viele Touristen, gerne auch angeheiterte, die sich durch das Tanzen, das überall zu sehen ist, das auch in seiner Intensität, Gelöstheit und Freude ansteckend wirkt, auf Ibiza wähnen. Aber glauben Sie uns: Die Art, in der wir tanzen, die wenigen Schritte, die oft auch noch verkrampft erfolgen, mit wenig Körpergefühl, nicht geerdet, ist etwas, was die Naraita, die Sie begleiten oder umgeben, Ihnen völlig entfremden wird. Von allen Bereichen der Gastfreundschaft ist dies für Naraita die schwierigste. So oft haben wir erlebt, dass Naraita uns entgegenkamen. Unsere kulturelle Prägung einberechnet haben, uns das Verstehen erleichtert, für uns übersetzt haben, erklärt, immer wieder uns viel verziehen haben an sprachlichen Fehlern, an gesellschaftlichen Fettnäpfchen, an kulturellen Sperren. Immer wieder auf akzeptiert haben, dass es verschiedene Sichtweisen gibt und keine absoluten Regeln. Aber Naraita tun sich unglaublich schwer damit, so tiefe und eklatante Schwächen beim Tanzen zu verstehen und zu akzeptieren, wie sie sie bei uns sehen würden, wenn wir sie ihnen zeigten. Und damit sprechen wir natürlich nicht davon, dass jemand überhaupt nicht tanzen kann. Das gibt es im Denken von Naraita nicht. Eine der Autorinnen war zweifache deutsche Meisterin im Synchrontanzen und Vizeeuropameisterin im Standard. Ihre erste Einladung als Gast endete nach nur 40 Minuten bereits im ersten Tanz und dann in einem nicht erwarteten Scheitern. Dabei werden Gastgeber und übrige Gäste dies natürlich Sie nicht merken lassen. Aber wenn keine Folgeeinladung kommt und der Kontakt plötzlich wie abgebrochen erscheint: Dann wird Ihnen plötzlich wieder einfallen, dass Ihr Gastgeber den Tanz bereits nach 30 Sekunden höflich beendet hat. Damals wußte die Autorin noch nicht, dass dies einer Ohrfeige gleichkommt. Wiederholen Sie unsere Fehler nicht. Der Fehler lag nicht in fehlender Technik. Unsere Autorin war gut vorbereitet. Aber in einer hohen Gesellschaft, wie es dort der Fall war, geht es nicht um Technik. Es geht um Kontakt. Um Lebensfreude. Um Spüren. Im Westen wird dafür Alkohol getrunken: Weil er uns erlaubt loszulassen. Uns zu lösen. Heranzulassen. In Naraita wird erwartet, dass ein Gast dies auch ohne Alkohol wagt und kann. Nur, wenn dies zugetraut wird, wird überhaupt ein Einladung ausgesprochen. Und wenn dieser Kontakt dann nicht gelingt, wenn er nicht gezeigt wird, wenn er nicht spürbar wird, wird dies als das verstanden, was es tatsächlich auch ist: als Aussage des Gastes, keinen Kontakt zu wollen. Es gibt folgende Möglichkeiten, beim Tanzen sein Gesicht zu wahren und das Gastsein ohne Hürde zu genießen:


1. Verlassen Sie den Raum

Wenn es sich um eine größere Feier handelt (und das wird für Ausländer der Normalfall sein), wird es kein Problem sein, sich dezent zurückzuziehen. Verlassen Sie den Raum am besten ganz oder treten Sie deutlich in den Hintergrund. Das dürfen Sie auf keinen Fall zu spät tun. Wenn das Tanzen beginnt, wird Ihr Gastgeber Sie sonst auffordern müssen, wenn Sie noch an der Tanzfläche stehen, weil er Sie sonst beleidigt. Dies gilt übrigens auch für die Herren! In Naraita können Frauen ganz genauso wie Männer einen Tanzpartner auffordern (und sind als Gastgeberinnen oder Ranghöchste auch dazu verpflichtet).


1. Heben Sie die Handfläche

Das ist etwas für Erfahrene. Wenn Sie den frühzeitigen Absprung verpaßt haben oder wenn der Kreis zu klein ist, um ohne Aufsehen sich zurückziehen zu können, können Sie die Handfläche leicht anheben, wenn der Auffordernde beginnt, sich Ihnen zu nähern. Nicht, wenn er schon vor Ihnen steht. Sie müssen für diese Technik genau wissen, wer der Auffordernde ist (dies ist leider nicht einfach, weil das von der Hierarchiebeziehung der Anwesenden abhängt, vom Alter, vom Rahmen und vom Anlaß der Feier. Einen Versuch, Ihnen die einfachsten Hierarchieanalysen näher zu bringen finden Sie in Kapitel 7). Wenn Sie die Handfläche leicht anheben demonstrieren Sie damit eine kurze Unpäßlichkeit, etwa, weil Sie erschöpft sind oder eine Verletzung haben oder sich noch mit Ihrem Gegenüber weiter unterhalten möchten. Das Heben der Handfläche ist keine Lösung für den ganzen Abend. Es kann einen quasi aus „höchster Not“ retten, danach muß man aber andere Schritte einleiten


1. Für Frauen: Signalisieren Sie Ihrem Partner, dass Sie nicht gut tanzen

Wenn es passiert ist, Ihr Gastgeber oder ein anderer Gast Sie aufgefordert hat, dürfen Sie diese Aufforderung auf keinen Fall ablehnen. Dies wäre eine rüde Beleidigung. Sie können aber Ihrem Partner signalisieren, dass Sie sich unwohl fühlen und Sorge vor dem Tanz haben. Naraita wissen natürlich, dass viele Nicht-Naraita nicht vergleichbar tanzen. Es gibt einige wenige Tänze, die zu dieser Gelegenheit den Gästen angeboten werden. Diese Tänze sind zwar für uns immer noch anspruchsvoll, aber sie sind nicht akrobatisch und haben für Maßstäbe von Naraita auch eine einfache Choreographie, die sich nach einigen Mustern wiederholt. Für sehr ungeübte Tänzer bietet sich für de Führenden noch die Möglichkeit, diese „einfache“ Choreographie noch weiter zu vereinfachen. Das müssen Sie Ihrem Partner aber sozusagen „erlauben“, weil er sie aus der Sicht der Naraita dadurch schon beleidigt, etwa vergleichbar damit, dass man die Bitte des Gegenübers braucht, um ihn über die Straße zu bringen.


1. Nehmen Sie Tanzstunden in Naraita

Wenn Sie die Chance bekommen, ein Gast zu werden, wenn Sie also mit Naraita in eine nähere und tiefere Beziehung kommen, dann sicher zu einem Zeitpunkt, an dem Sie sich bereits auf Naraita eingelassen haben. Egal, ob diese Beziehung privater Natur ist oder geschäftlicher: Es wird Ihnen sehr viel leichter fallen, wenn Sie die Zeit und auch das Geld investieren, wenigstens die für ausländische Gäste vereinfachte Version der absolut einfachsten Tanzformen zu lernen. Natürlich ist das keine Investition für Touristen. Aber wer sich Naraita nähern will, wird am Tanzen nicht vorbeikommen (und, wie wir meinen, auch nicht darum, über das Tanzen etwas über sich und diese Welt zu lernen). Je nach persönlicher Begabung und Übungsintensität reicht es schon, vierzig bis sechzig Privatstunden zu nehmen, um eine einfache Ediay oder eine Boteno zu zeigen. Natürlich nicht auf einem hohen Niveau. Aber so, dass die Figur nicht stockt und Sie sich beteiligen können an der Feier. Auch in Europa, vor allen in größeren Städten gibt es Tanzstudios, die Naraita-Tanz anbieten. Meistens verhält es sich mit der Qualität etwa so wie mit der Qualität der Sprachschulen (vgl. Kap. 5). Wenn Sie Tanzstunden in Deutschland nehmen wollen, gibt es einen sehr einfachen Weg, Qualität zu garantieren: Stellen Sie sicher, dass Ihr Lehrer wirklich aus Naraita kommt. Das aber wird Ihnen kaum gelingen. Erstens gibt es nur sehr wenige lizensierte Tanzlehrer aus Naraita in Europa (wir kennen insgesamt vier). Und diese Lehrer sind nicht nur sehr, sehr teuer (viel teurer übrigens als aus Naraita, und dabei nicht besser), sondern auch sehr wählerisch bei ihren Schülern. Das liegt daran, dass die Lehrerlaubnis für Tanzschulen in Naraita streng reglementiert ist. Diese Reglementierungen beziehen sich auch auf Naraita, die im Ausland leben. Die meisten Menschen sind der Meinung, dass alle Naraita besser tanzen als sie, und dass man als Naraita im Ausland deshalb sozusagen automatisch ein Tanzstudio eröffnen könnte. Auch wir sehen das so. Und wenn Sie in Deutschland einen Naraita näher kennenlernen, vielleicht als Arbeitskollegen oder in der Bekanntschaft, dann kann dies unter Umständen eine sehr gute (und preiswerte) Alternative sein, einen Boteno zu lernen. Aber ein Naraita darf nicht im Ausland einfach ein Tanzstudio eröffnen, nur, weil er aus Naraita kommt. Und zwar verbietet das unabhängig von den Vorgaben des jeweiligen Landes schon Naraita selbst. Das hängt mit dem Status und der Bedeutung des Tanzes zusammen, die eine kulturelle und spirituelle Tiefe umfaßt und in höheren Stufen auch in körpertherapeutische Ebenen führt (Abie). Die Strafen für eine nicht-lizensierte Lehre sind durchaus erheblich, können sogar Haftstrafen umfassen, so dass es kaum Übertretungen gibt, denn auch Naraita, die im Ausland leben, möchten durchaus in Ruhe in ihr Land zurückkehren können. Deshalb empfehlen wir, wenn es irgendwie möglich ist, eine Tanzschule eher in Naraita zu suchen, wo es sie an jeder Ecke gibt.


1. Tanzen heißt Erdung

Ohne Ihrem Tanzlehrer vorgreifen zu wollen: Für das Tanzen in Naraita ist es nicht so entscheidend, eine Figur choreografisch perfekt auszutanzen oder keinen Schritt falsch zu setzen. Der Tanz hat in Naraita eine tiefe spirituelle Bedeutung. Der Paartanz ist eine Anlehnung an die höchste Form des Kendai-Tanzes, der sogenannte Hohe Tanz, den allerdings nur Tänzer der höchsten Ausbildungsebene beherrschen (Abie) und der tatsächlich in hoher Perfektion getanzt bewirkt, dass ein geerdetes Paar sich völlig aufeinander einläßt, der Herr die Dame also so intensiv führt, dass sie einen Teil ihrer Bewegungsimpulse an ihn abgibt und sich zwischen den Tanzenden eine erie ate, eine tiefste Balance, einstellt, die die Tanzenden mit einer wunderbaren Tiefe, Beruhigung und Intensität erfüllen soll. Jeder nicht-hohe Tanz soll eine Näherung daran darstellen, was bedeutet, dass es beim Naraita-Tanz vor allem auf eine gemeinsame Balance ankommt. Darauf, sich führen zu lassen, und zwar in einer Intensität, die es in westlichen Tänzen nicht gibt und die für ungeübte Tänzer sehr schwer ist, sowohl motorisch, durchaus aber auch interaktionell. Diese Intensität und Nähe dürfen Sie auf keinen Fall falsch verstehen. Naraita-Tänze sind eine spirituelle Praxis. Nur wenig von dieser Praxis ist gut verstanden und einiges zum Klischee verkommen. Es ist richtig, dass es Naraita-Tänze gibt, die besonders, aber nicht nur unter jungen Leuten sehr feurig wirken und durchaus auch sexuell aktivierend sind (vgl. auch  Kap. 2: Areta). Am bekanntesten davon sind die Riego-Figuren. Riego-Figuren tanzen nur sehr intim und eng sich erlebende Paare und auch nur in entsprechendem Rahmen, zum Beispiel in tiyio, das sind nachtclubähnliche Tanzflächen, in die man Sie garantiert nicht einlassen wird. Die Nähe und Intensität, die Sie erleben werden, wenn Sie von einem Naraita-Partner geführt werden, haben damit nichts zu tun und sind normaler Teil des körperlichen Erlebens und Erdens einer gesunden Tanzes. Sie sind kein Übergriff oder keine Annäherung. Das werden Sie, wenn Sie sich auf das Führen richtig einlassen, auch spüren. Europäer variieren die Nähe ihrer Körper und vor allem der Hüfte in einem Tanz abhängig davon, wie nah sie dem Tanzpartner stehen. Das gibt es in Naraita nicht. Wenn Sie die Hüfte von Ihrem Tanzpartner weghalten, dann können Sie nicht tanzen. Wenn Sie in Naraita getanzt haben, werden Sie das auch wissen.








 
 
 

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